Erste Vorlesung: Nachdenklichkeiten
1.1. Ein ehrlicher Irrtum?
R: Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäste! Bevor ich mit meinem eigentlichen Vortrag beginne, möchte ich Ihnen einen Artikel aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 21.9.1992 vorlegen (S. 13), der auf sehr schöne Weise verdeutlicht, mit welchem Thema und mit welchen damit verbundenen Problemen wir es hier zu tun haben. Der Artikel ist überschrieben mit dem Titel “Spuren des Verbrechens: Schuhe, Schuhe, auch Kinderschuhe”. Er ist der Bericht eines Journalisten über seinen Besuch des zum Museum umfunktionierten Konzentrationslagers Stutthof nahe Danzig, heute im polnischen Machtbereich gelegen. Der Autor des Artikels schreibt in seinem vierten Satz, dass er sich nicht vorstellen könne, wie ein Vernichtungslager aussieht, und spricht von “Anlagen, in denen ‘sechs Millionen Juden und insgesamt 26 Millionen Häftlinge […] umgebracht wurden.’” Am Ende seines Reiseberichtes schreibt der Autor, dass er dort vor “den Zeugnissen des brutalsten Völkermordes, den damals hochmodernen Vernichtungsmaschinen, dem grausamsten Verbrechen der Menschheit” stehe. Damit hat eine der seriösesten Zeitungen der Welt eine Definition des Holocaust abgegeben: Die Vernichtung von insgesamt 26 Millionen Menschen durch die Nazis in hochmodernen Vernichtungsanlagen ist das grausamste Verbrechen der Menschheitsgeschichte.
Wer nur ein wenig in Zeitgeschichte bewandert ist, merkt sofort, dass hier etwas nicht stimmt. Es ist die Zahl von insgesamt 26 Millionen angeblich vernichteten Menschen. Eine so wahnwitzig hohe Zahl hat man bisher noch in keinem Geschichtsbuch gelesen und in keiner offiziellen Erklärung gehört. Sie ist also maßlos übertrieben. Sieht man etwas genauer hin, so erkennt man, dass diese Passage von Anführungszeichen umrahmt ist. Sie stellt also ein Zitat dar, dessen Quelle der Autor des Artikels aber nicht erwähnt. Es darf hier angenommen werden, dass es sich um die Aussage eines polnischen Museumsführers in Stutthof oder um die Inschrift einer Gedenktafel ebendort handelt und dass der Autor dieses FAZ-Artikels es einfach nicht besser wusste, also einen ehrlichen Irrtum beging, als er diese Zahl unkritisch aufgriff. Es ist für die Frankfurter Allgemeine Zeitung aber mehr als blamabel, wenn sie solchen Unsinn ohne kritischen Kommentar wiedergibt und sich somit zum Handlanger von Propagandisten macht, die das deutsche Volk über das übliche Maß hinaus moralisch belasten. Leider ist eine solche unkritische Einstellung für unsere Journalisten nur allzu oft die Norm.

Abb. 1: Schauvitrine des Auschwitz Museums, angeblich die Schuhe ehemaliger Häftlinge zeigend. Aber wessen Schuhe sind dies wirklich? Und was geschah mit den Eigentümern? Es gibt keine Beweise, die uns das beantworten könnten.
Dem kritischen Leser fällt natürlich noch mehr Peinliches auf: Die Überschrift des Artikels unterstellt, dass die Existenz von Schuhen das Verbrechen beweise. Nun ist es ja so, dass eine Anhäufung von Schuhen erst einmal nur belegt, dass jemand dort Schuhe abgelegt hat. Die Existenz von Kleider- und Schuhbergen bei Altkleidersammlungen hierzulande beweist schließlich auch nicht, dass die Eigentümer dieser Dinge vernichtet wurden.
Z: Herr Rudolf, mir fällt hier ein Erlebnis ein, das ich während eines Besuches in Auschwitz hatte und das ich sehr gut in Erinnerung habe. Ich besuchte dort das Museum, in dem hinter einer Vitrine einer dieser berühmten Schuhberge zu sehen ist. Nun war ich erstaunt, dass die Vitrine geöffnet war und die Mitarbeiter des Museums die Anordnung der Schuhe den Besuchern offen zeigten. Es handelte sich lediglich um eine schräg aufgestellte Holzplatte, auf der nur eine Schicht Schuhe aufgebracht war. Dies war also offensichtlich nur eine Schuhberg-Attrappe.
R: Das ist interessant. Zu welcher Jahreszeit haben Sie das Museum besucht?
Z: Das war im Winter 1991/1992.
R: Dann ist dies durchaus verständlich. Anfang der 1990er Jahre hatte das Auschwitz-Museum im Winter fast gar keine Besucher, so dass zu dieser Zeit Renovierungs- und Säuberungsarbeiten getätigt wurden. Wahrscheinlich fühlten sich die Angestellten des Museums zu dieser Zeit sicher. Darf ich Sie fragen, wie Sie gerade in dieser ungemütlichen Zeit die Gelegenheit fanden, das ehemalige Konzentrationslager zu besuchen?
Z: Wir haben in Oberschlesien, nicht weit von Auschwitz entfernt, Verwandte, mit denen wir damals einige Tage in der Weihnachtszeit verbrachten. Da nutzten wir die Gelegenheit zu einem Besuch. Unsere oberschlesischen Verwandten weigerten sich, den KZ-Besuch mitzumachen. Nach unserem Besuch und der Erzählung des Vorfalls mit der Schuhvitrine konnte uns ein älterer deutscher Herr aus der Bekanntschaft unserer Verwandten davon berichten, wie die Deutschen aus der Umgebung von Auschwitz nach dem Kriege gezwungen wurden, Schuhe zu sammeln und diese im KZ abzugeben.
R: Sieh einer an! Da können Sie sehen, dass so ein Vortrag auch für den Referenten häufig noch sehr lehrreich sein kann. Ich darf aber darauf hinweisen, dass die Ansammlung von Schuhen in deutschen Konzentrationslagern auch wesentlich harmlosere Ursachen haben kann. So fanden die Sowjets bei der Besetzung des Lagers Majdanek riesige Schuhberge, die dementsprechend flugs als Beweis für den Massenmord an Häftlingen präsentiert wurden, wie etwa in Abbildung 2 (Simonov 1944; ebenso van Pelt 2002, S. 155). Dieses Bild wurde immer wieder und mit nachlassender Qualität, manchmal mit Retuschen reproduziert, wobei die Nachlässigkeit anderer Autoren zu Pannen führte, wie etwa bei Raimund Schnabel, der diesem Bild den folgenden Untertitel verpasste (Schnabel 1957, S. 244):
“Tausende von Schuhen ermordeter Häftlinge in Auschwitz”
R: Was weit weniger Beachtung fand, war die Richtigstellung, die polnische Historiker viele Jahre nach dem Krieg veröffentlichten: Es stellte sich nämlich heraus, dass einer der Betriebe, die ihre Arbeiter unter den Häftlingen des Lagers Majdanek rekrutierten, dort eine Schusterwerkstatt eingerichtet hatte, wo alte Schuhe wiederaufbereitet wurden. Die von den Sowjets gefundenen Schuhberge waren Teil des Magazins dieser Werkstatt (Marszałek 1969, S. 48). Der polnische Historiker Czesław Rajca, ein Mitarbeiter des Majdanek-Museums, schrieb hierzu (Rajca 1992, S. 127):
“Man nahm an, dass dies [die Menge an Schuhen] von im Lager umgebrachten Häftlingen stammte. Aus später ans Licht gekommenen Dokumenten wissen wir, dass es in Majdanek ein Depot gab, in das Schuhe aus anderen Lagern geschickt wurden.”
Z: Wollen Sie damit andeuten, dass all die Utensilien, die man uns in den verschiedenen Lagern zeigt, nicht von Häftlingen stammen?
R: Nein, ich will damit lediglich andeuten, dass man in der aufgeputschten Atmosphäre des zu Ende gehenden Zweiten Weltkriegs häufig vorschnell zu Schlüssen kam, die sich später als falsch herausstellten. Und ich möchte zudem darauf hinweisen, dass nicht alles, was die Medien berichten, was man in Büchern liest oder was einem Museen als die Wahrheit verkaufen wollen, immer die unumschränkte Wahrheit sein muss. Das sollte ja eigentlich keine allzu überraschende Neuigkeit sein, aber ich möchte dezent darauf hinweisen, dass sie auch für den Holocaust gilt.
Letztlich sollte eine Ansammlung von Gegenständen eben nur als Beweis für das gelten, was es ist: nämlich für die Tatsache, dass jemand Gegenständen angesammelt hat. Über das Schicksal ehemaliger Eigentümer dieser Gegenstände ist damit herzlich wenig bewiesen.
Doch zurück zu diesem Artikel der FAZ. Selbst wenn man von diesen die Seriosität der Frankfurter Allgemeinen Zeitung untergrabenden, unkritisch wiedergegebenen Einzelheiten absieht, bleibt ein nach der offiziellen Geschichtsschreibung unbestreitbares und unangetastetes Faktum: Der Holocaust mit seiner perfekten Vernichtungsmaschinerie war ein einzigartiges Verbrechen gegen die Menschheit. Das Problem hierbei ist lediglich, dass man manchmal vor lauter romanhafter Ausschmückung und propagandistischer Übertreibung nicht weiß, was denn nun die Wahrheit ist.
1.2. Was ist der Holocaust?
R: Stellen wir uns also im Folgenden einfach einmal ganz dumm, als kämen wir von einem anderen Stern, und fragen: was ist der Holocaust? Was macht ihn aus, was ist für ihn charakteristisch, macht ihn einzigartig? Wer kann diese Frage kurz und bündig beantworten?
Z: Der Nazi-Mord an 6 Millionen Juden.
R: Glänzende Definition. Die Zahl der Opfer allein macht den Holocaust allerdings nicht einzigartig. Schließlich hat es andere Massaker in der Geschichte gegeben mit mehr Opfern, etwa in den dreißiger Jahren in der Ukraine oder im China der Kulturrevolution.
Z: Die industrielle Art der Menschenvernichtung war einzigartig.
Z': …und die bürokratisch-planerische Kaltblütigkeit.
R: Das sind ausgezeichnete Ergänzungen. Lassen Sie mich das umreißen, was ich im Nachfolgenden als Teil des Holocaust bezeichnen möchte und was nicht. Ich verstehe den Holocaust nachfolgend als den geplanten und systematisch, industriell und annähernd umfassend durchgeführten Völkermord an den im deutschen Herrschaftsbereich lebenden etwa sechs Millionen Juden durch die nationalsozialistische deutsche Regierung, vornehmlich mit der Mordwaffe Gaskammer, also in chemischen Großschlachthäusern, sowie die Auslöschung der Spuren durch Verbrennung der Leichen der Opfer. Dies sind also die drei Hauptmerkmale:
- Plan zum umfassenden, systematischen Völkermord
- Industrielle Durchführung des Plans in Gaskammern und Krematorien
- Gesamtopferzahl rund 6 Millionen
Der Holocaust ist freilich umrahmt von anderen Aspekten der Verfolgung, wie etwa der Entrechtung und Deportation der Juden, ihrem Einsatz als Zwangsarbeiter, sowie einer mehr oder weniger ähnlichen Entrechtung anderer Bevölkerungsteile, wie etwa allgemein von politischen Dissidenten, Zigeunern, Homosexuellen und den Zeugen Jehovas. Diese Aspekte der Verfolgung von Minderheiten im Dritten Reich sind aber leider Gottes nicht einzigartig in der Menschheitsgeschichte und insofern nicht Teil dessen, was ich hier im engeren Sinne als den (einzigartigen) Holocaust bezeichne. Aus diesem Grunde werde ich auf diese Aspekte in meinen Vorlesungen nur am Rande eingehen, allein schon aus Zeit- und Platzgründen. Ich darf aber einfügen, dass diese Auslassung nicht bedeutet, ich würde dieses Unrecht ignorieren oder gutheißen, ganz im Gegenteil: Ich erkenne die Unrechtmäßigkeit dieser Verfolgungen durchaus an und drücke ihren Opfern mein Mitgefühl aus.
1.3. Seit wann wissen wir vom Holocaust?
R: Meine hier präsentierte Definition des Begriffs Holocaust ist freilich nur eine unter vielen möglichen, und tatsächlich mag jeder etwas anderes unter diesem Begriff verstehen, was eine Verständigung bisweilen erschwert. Das ist insbesondere der Fall bezüglich unseres nächsten Themas, nämlich der Frage, seit wann die Weltöffentlichkeit vom Holocaust Kenntnis hat. Die Antwort darauf hängt freilich von der Definition des Begriffs ab, und so möchte ich mir hier gleich eine Ausweitung meines zuvor definierten Begriffs erlauben, um eine etwas breitere Perspektive zu ermöglichen.
Ich formuliere daher die Frage neu: Seit wann hatte die Weltöffentlichkeit Kenntnis davon, dass etwa sechs Millionen Juden Ost- und Mitteleuropas entweder vom Tode bedroht oder gar bereits teilweise umgekommen waren? Wer kann diese Frage beantworten?
Z: Gewisse Kenntnisse über das, was in den deutsch besetzten Gebieten während des Zweiten Weltkriegs vor sich ging, hat man in der Welt bestimmt schon vor dem Ende des Krieges gehabt, aber man kannte wahrscheinlich keine Details und auch nicht die Ausmaße.
R: Aber seit wann war von einer Ziffer von sechs Millionen die Rede?
Z: Ich denke, dass erst im Laufe des Militärtribunals in Nürnberg, also um das Jahr 1946, Licht in diese Angelegenheit kam.
R: Das ist die gängige Ansicht, und wenn man bedenkt, dass eine Untersuchung zu den Vorgängen im deutsch besetzten Europa tatsächlich erst nach dem Kriege möglich war, so scheint das auch eine vernünftige Annahme zu sein. Aber lassen Sie uns der Sache nun auf den Grund gehen.
Eine Analyse der Protokolle des Nürnberger Tribunals ergibt, dass die damals festgehaltene Zahl von sechs Millionen jüdischen Opfern[4] nicht etwa auf bevölkerungsstatistische Erhebungen zurückging oder auf die Auswertung materieller Spuren der untersuchten Verbrechen, sondern lediglich auf die Aussage vom Hörensagen zweier deutscher SS-Bürokraten. Eine davon, diejenige Wilhelm Höttls,[5] wurde nur in schriftlicher Form vorgelegt, und die andere, von Dieter Wisliceny stammende,[6] wurde von ihm im Zeugenstand vorgetragen. Wisliceny wurde aber nicht ins Kreuzverhör genommen. Beide Zeugen behaupteten, die Sechs-Millionen-Zahl von Adolf Eichmann gehört zu haben, der dies jedoch später in seinem eigenen Verfahren in Jerusalem anno 1961 abstritt.[7] Sowohl Höttl als auch Wisliceny waren wegen ihrer Verstrickung in die Massendeportationen von Juden nach Auschwitz ursprünglich Gefangene im Angeklagtentrakt in Nürnberg, erreichten jedoch durch ihre Aussage, dass sie in den oft lebensrettenden Zeugentrakt verlegt wurden. Während Wisliceny und Eichmann später abgeurteilt und gehenkt wurden, wurde Höttl nie gerichtlich verfolgt, obwohl er ähnlich tief in die Judendeportationen verstrickt gewesen war. Offensichtlich hat man ihm für seine Dienste Straffreiheit zugesagt und dieses Versprechen ihm gegenüber im Gegensatz zu Wisliceny auch gehalten. Höttls Ausführungen in seiner Autobiographie, mit der er seine damaligen Aussagen rechtfertigen wollte (Höttl 1997, S. 77, 412f.), stehen aber im Widerspruch zu letzteren und sind daher wenig glaubwürdig (Rudolf 1997b).
Z: Mit anderen Worten: die beiden haben versucht, mit einer Gefälligkeitsaussage ihren Kopf aus der Schlinge zu ziehen?
R: Das kann man nicht mit Gewissheit sagen. Gewiss ist nur, dass die Schlinge monatelange vor dem geistigen Auge vieler Gefangener im Angeklagten- und Zeugentrakt des Nürnberger Gefängnisses baumelte, so dass es einen nicht wundern darf, wenn der eine oder andere einen Kompromiss mit der Wahrheit einging, um sein Leben zu retten.
Z: Wurden die vor dem Nürnberger Tribunal auftretenden Zeugen auch im Gefängnis festgehalten?
R: Sofern sie selbst potentiell Dreck am Stecken hatten, sprich: sofern sie einer als verbrecherisch erklärten Organisation, also der deutschen Regierung, deutschen Militärverbänden, der SA oder SS usw. angehört hatten, ja. Solche Zeugen waren “Zwangszeugen”, wenn man so will. Sie konnten nicht frei darüber entscheiden, ob sie in Nürnberg verweilen und aussagen wollten oder nicht.
Z: Das gibt aber kein gutes Bild ab.
R: Das ist richtig. Auf die Rahmenbedingungen dieses Verfahrens und anderer Prozesse kommen wir später noch ausführlich zu sprechen. Doch nun zurück zu den sechs Millionen. Der wegen seiner kontroversen Ansichten inzwischen in Ungnade gefallene britische Historiker David Irving (vgl. Abschnitt 2.16., S. 147) wunderte sich in seiner 1996 erschienenen Monographie zum Nürnberger Tribunal, dass einige Zionistenführer bereits im Juni 1945, also unmittelbar nach Ende der Kampfhandlungen in Europa, in Washington mit konkreten jüdischen Opferzahl aufwarten konnten – 6 Millionen natürlich –, obwohl in dem damals herrschenden Chaos in Europa unmöglich bevölkerungsstatistische Erhebungen durchzuführen waren (Irving 1996a, S. 61f.; 1996b, S. 86).
Z: Womöglich hatten die jüdischen Vereinigungen gute Verbindungen zu den örtlichen jüdischen Gruppen und wussten, dass diese aufgehört hatten zu existieren.
R: Vielleicht. Aber lassen Sie mich zunächst fortfahren. Bereits ein Jahr früher als Irving entdeckte der deutsche Historiker Joachim Hoffmann, der jahrzehntelang für das bundeseigene Militärgeschichtliche Forschungsamt gearbeitet hatte, dass bereits gegen Ende Dezember 1944, also über vier Monate vor Kriegsende, der sowjetische Chefgreuelpropagandist Ilja Ehrenburg in der sowjetischen Auslandspresse die Sechs-Millionen-Zahl verbreitet hatte (J. Hoffmann 1999, S. 391). Im Mai 1944 führte der zionistische Aktivist Rabbi Dov Weissmandel aus, dass bis zu diesem Zeitpunkt sechs Millionen Juden in Europa und Russland vernichtet worden seien (Dawidowicz 1976, S. 327).
In einem Kriegspropagandaartikel mit einigen frei erfunden Geschichten behauptete der jüdische Drehbuchautor und zionistischer Propagandist Ben Hecht Anfang 1943, fast ein Drittel der 6 Millionen von Hitler bedrohten Juden sei zu diesem Zeitpunkt bereits ermordet worden.[8]
Dass dies durchaus kein isolierter Fall war, zeigt ein Blick in die New York Times aus den Jahren 1942 und 1943; hier einige Zitate (als erstes von Butz 1976 zitiert; 2003, S. 100-104):
13. Dezember 1942, S. 21:
“[…] Bestätigte Berichte weisen auf 2.000.000 Juden hin, die bereits auf alle mögliche, von satanischer Barbarei zeugende Art abgeschlachtet wurden, und auf Pläne für die vollständige Vernichtung aller Juden, deren die Nazis habhaft werden können. Die Abschlachtung eines Drittels der jüdischen Bevölkerung in Hitlers Herrschaftsbereich [3×2.000.000=6.000.000] und die angedrohte Abschlachtung aller ist ein Holocaust ohne Parallelen.”
2. März 1943, S. 1, 4:
“[...Rabbi Hertz sagte] 6 Millionen jüdische Volksgenossen […] zu retten, die […] dem Abschlachten durch die Nazis entkommen mögen […]”
R: Ähnliche Äußerungen finden sich in den Ausgaben vom 20.12.1942, S. 23, 10.3.1943, S. 12, und 20.4.1943, S. 11.
Z: Man wusste also schon lange, dass etwa sechs Millionen vom Tode bedroht waren. Das kann ja eigentlich auch nicht wundern, denn sicherlich wusste man, wie viele Juden in den Gegenden lebten, die später von deutschen Truppen besetzt wurden.
R: Das ist eine gute Beobachtung. Demnach wäre zu schließen, dass der Ursprung der Sechs-Millionen-Zahl nicht in einer tatsächlichen Feststellung der Opferzahl zu finden ist, sondern in der Annahme, dass alle Juden, die man im Herrschaftsbereich des Dritten Reiches wähnte, als tödlich bedroht angesehen wurden.
Ich möchte da aber gleich einen Einwand bringen in Form eines Zitats aus einer Zeit, als Hitler lediglich über die in Deutschland lebenden Juden herrschte und niemand den Krieg und Deutschlands Siege voraussehen konnte, nämlich von 1936. In jenem Jahr wurde Chaim Weizmann, damals Vorsitzender der Zionistischen Weltorganisation, vor der Peel-Kommission angehört, die eine Teilung Palästinas anstrebte. In seiner Aussage behauptete Weizmann, sechs Millionen Juden befänden sich in Europa wie in einem Gefängnis und seien dort unerwünscht (Mann 1966, S. 18). Hier haben wir wiederum die summarische Zusammenfassung aller Juden in Europa – einschließlich jener in der Sowjetunion. Im Jahr 1936 betrieben eigentlich nur Deutschland und Polen eine radikal antisemitische Politik, und beide Nationen zusammen beherbergten damals etwa 3½ Millionen Juden. Die restlichen 2½ Millionen der von Weizmann erwähnten Juden fühlten sich gewiss nicht in einem spezifisch für Juden errichteten Gefängnis. Die Juden der Sowjetunion mögen zwar nicht frei gewesen sein, aber deren Unterdrückung war Teil der allgemeinen totalitären Umstände in der Sowjetunion, nicht jedoch einer gezielt antijüdischen Politik.
Z: Es war aber dennoch ein Gefängnis, ein Vielvölkergefängnis sozusagen.
R: Wenn ich dem auch zustimme, so taugt dieser Umstand allerdings nicht als Argument, warum man den Juden einen Teil Palästinas zugestehen sollte. Denn das war ja der Hintergrund von Weizmanns Aussage vor der Peel-Kommission. Wäre die Unterdrückung der Juden in der Sowjetunion ein Grund gewesen, ihnen Palästina zuzugestehen – das heißt: es den dort ansässigen Arabern wegzunehmen –, was hätten dann die in der Sowjetunion unterdrückten Christen, Moslems, Ukrainer, Deutschen, Georgier, Armenier, Usbeken, Tadschiken, Mongolen usw. beanspruchen können? Auch einen Teil Palästinas? Oder andere Teile der arabischen Welt?
Tatsache ist, dass Weizmann die beeindruckende Zahl von 6 Millionen leidenden und unterdrückten Juden benutzte, um ein politisches, ein zionistisches Ziel zu erreichen. Wie wir wissen, ist er damit damals gescheitert.
Z: Nun kommen wir aber doch etwas von der ursprünglichen Fragestellung ab, denn Weizmann hat ja nicht von einem Holocaust oder einer drohenden oder ablaufenden Vernichtung gesprochen. Das erschien ja erst in Pressemeldungen während des Krieges.
R: Während welches Krieges?
Z: Wie bitte? Während des Zweiten Weltkriegs natürlich!
R: Genau damit liegen Sie falsch. Tatsächlich hat es ähnliche Meldungen schon während des Ersten Weltkriegs und insbesondere in der Zeit unmittelbar danach gegeben.
Ich sehe viele erstaunte und ungläubige Blicke. Lassen Sie mich daher etwas näher auf das eingehen, was sich während des Ersten Weltkriegs und danach abspielte. Ich beziehe mich dabei auf Forschungsergebnisse des amerikanischen Autors Don Heddesheimer, der zu diesem Thema ein Buch verfasst hat. Seit 1915 meldeten verschiedene amerikanische Presseorgane, namentlich die New York Times, dass die Juden Ost- und Mitteleuropas ganz besonders unter den Folgen des Ersten Weltkriegs zu leiden hätten.
Zwischen den Jahren 1919 und 1927 kam es in den USA zu massiven Spendenkampagnen jüdischer Organisationen, die mit der Behauptung Geld sammelten, dass fünf bis sechs Millionen Juden Ost- und Mitteleuropas vom Tode bedroht seien. Lassen Sie mich nachfolgend einige kurze Auszüge aus diesen Pressemeldungen und Spendenaufrufen zitieren, wobei ich mit dem letzten mir bekannten Text dieser Art beginne (für mehr Beispiele siehe Heddesheimer 2004 sowie Kollerstrom, S. 158-174):
New York Times, 13. November 1926, S. 36: “5.000.000 Bedürftige [Juden] in Europa […] es gibt 5.000.000 Juden, die sich in Mittel- und Osteuropa dem Hungertod ausgesetzt sehen. […] Fünf Millionen Juden sind heute in verzweifelter Not. […] Männer, Frauen und kleine Kinder leiden und sind in Not – sie sind ständig hungrig.”
New York Times, 9. Januar 1922, S. 19: “unaussprechliche Schrecken und die endlosen Verbrechen […], die gegen das jüdische Volk begangen wurden. Dr. Hertz erklärte, dass 1.000.000 Menschen abgeschlachtet wurden und dass 3.000.000 Personen in der Ukraine drei Jahre lang gezwungen wurden, ‘den Schrecken der Hölle zu durchleben’ […].”
Z: Ist das der gleiche von Ihnen vorhin zitierte Hertz, der in derselben Zeitung am 2. März 1943 von sechs Millionen jüdischen Volksgenossen sprach, die vor einer Abschlachtung durch die Nazis zu retten seien (siehe S. 26)?
R: Ja, das ist der gleiche Herr.
Z: Die Ähnlichkeit seiner Äußerungen von 1922 und 1943 ist erstaunlich.
R: Ich werde gleich noch andere Ähnlichkeiten anführen. Doch zunächst noch einige Meldungen aus den 1920ern sowie der Zeit während des Ersten Weltkriegs und unmittelbar danach:
New York Times, 7. Mai 1920: “[…] jüdische Kriegsleidende in Mittel- und Osteuropa, wo sechs Millionen schrecklichen, von Hunger, Krankheit und Tod geprägten Bedingungen ausgesetzt sind […].”
R: Heddesheimer zitiert sechs weitere Fälle vom April/Mai 1920 (2004, S. 143-155) sowie einige aus dem Jahr 1919 (ebd., S. 129-142), darunter zum Beispiel:
New York Times, 21. April 1920, S. 8: “In Europa gibt es heute mehr als 5.000.000 Juden, die hungern oder im Begriff sind, zu verhungern, und viele sind von einer virulenten Fleckfieber-Epidemie befallen”
New York Times, 12. November 1919, S. 7: “unglaublich tragische Armut, Hunger und Krankheit für etwa 6.000.000 oder die Hälfte der jüdischen Bevölkerung der Erde […] eine Million Kinder und fünf Millionen Eltern und Ältere.”
The American Hebrew, 31. Oktober 1919, S. 582f.: “Aus Übersee rufen sechs Millionen Männer und Frauen um Hilfe […] sechs Millionen Menschen. […] Sechs Millionen Männer und Frauen sterben […] im drohenden Holocaust des menschlichen Lebens […] sechs Millionen ausgehungerte Männer und Frauen. Sechs Millionen Männer und Frauen sterben […]” (vgl. Reproduktion im Anhang, S. 578)
Z: Hoppla! Da habe wir ja alles zusammen: Die Sechs Millionen und den Begriff Holocaust!
R: Ja, diese Quelle ist womöglich diejenige, bei der die Parallele zu späteren Meldungen am auffälligsten ist. Doch lassen Sie mich noch etwas weiter in der Zeit rückwärts schreiten:
New York Times, 10. August 1917, S. 3: “Deutsche lassen Juden sterben. Frauen und Kinder in Warschau verhungern […] jüdische Mütter, Mütter des Erbarmens, sind froh, ihre säugenden Babys sterben zu sehen, zumindest sind deren Leiden vorbei.”
Z: Oh mein Gott, da sind plötzlich die Deutschen die Übeltäter!
R: Ja, aber das ist eher die Ausnahme. Tatsächlich halfen verschiedene deutsche Stellen im Krieg und danach, die von diesen jüdischen Organisationen gesammelten Gelder nach Osteuropa weiterzuleiten. Die Brandmarkung angeblicher Untaten der Deutschen war Teil der damaligen Lügenpropaganda und endete nach dem Krieg. Seither konzentrierte man sich auf tatsächliche oder angebliche Untaten in osteuropäischen Ländern. In dem Zusammenhang darf ich auf einen Artikel vom 23. Mai 1919 in der New York Times auf S. 12 über angebliche antijüdische “Pogrome in Polen” hinweisen, der eine gewisse Ironie der Geschichte in sich birgt. In den Redaktionsstuben der New York Times zweifelte man offenbar die Wahrheit dieser Berichte wie folgt an:
“Es ist darauf hingewiesen worden, dass einige dieser Berichte von deutschen Propagandisten stammen oder von ihnen übertrieben sein könnten mit dem offensichtlichen Ziel, Polen bei den Alliierten zu diskreditieren, in der Hoffnung, dass Deutschland hieraus Gewinn ziehe. Deutschland könnte an der Verbreitung dieser Berichte mitgewirkt haben, es könnte sie erfunden haben, obwohl es ein grausamer Betrug wäre, so großen Menschenmengen um eines solchen Zieles willen Herzensleid zuzufügen […]”
R: Laut der New York Times sind falsche Behauptungen über jüdisches Leiden also als grausam anzusehen. Das sollten wir uns merken.
Z: Was die Frage aufwirft, ob denn das von der New York Times berichtete Massenleiden und -sterben der Juden Osteuropas der Wahrheit entsprach.
R: Don Heddesheimer hat dies im erwähnten Buch untersucht und dazu festgestellt, dass die Juden als einzige Bevölkerungsgruppe Osteuropas den Ersten Weltkrieg im Wesentlichen ohne Bevölkerungsverluste überstanden haben, was diese Frage wohl hinreichend beantworten dürfte.
Doch begleiten Sie mich weiter auf meiner Reise zurück in die Geschichte.
New York Times, 22. Mai 1916, S. 11: “Von der üblichen Gesamtzahl von 2.450.000 Juden in Polen, Litauen und Kurland bleiben 1.770.000, und von dieser Anzahl befinden sich etwa 700.000 in dringlicher und anhaltender Not.”
R: Ganz besonders ausführlich ging ein bereits 1916 erschienenes Buch mit dem Titel The Jews in the Eastern War Zone (Die Juden in der östlichen Kriegszone) auf die angeblichen Leiden der Juden Europas ein. 25.000 Exemplare dieses Buches wurden an Spitzenleute des amerikanischen öffentlichen Lebens verbreitet (Schachner 1948, S. 63). Darin wird behauptet, dass Russland ein Gebiet gleichsam in eine Strafsiedlung verwandelt habe, wo sechs Millionen Juden gezwungen seien, ihr Leben im Elend zu fristen, unter ständiger Furcht vor Massakern, ohne Rechte und sozialen Status (American Jewish Committee 1916, S. 19f.):
“Eine Art Gefängnis mit sechs Millionen Gefangenen, das von einer Armee korrupter und brutaler Aufseher bewacht wird.”
R: The Jews in the Eastern War Zone wurde damals ausgiebig von anderen Quellen zitiert, wie etwa der New York Times.
Eine noch frühere Meldung über sechs Millionen leidender Juden im Ersten Weltkrieg stammt aus dem ersten Kriegsjahr:
New York Times, 14. Januar 1915, S. 3: “In der Welt gibt es heute etwa 13.000.000 Juden, von denen mehr als 6.000.000 im Herzen des Kriegsgebiets leben; Juden, deren Leben auf dem Spiel steht und die heute jeder Art Leid und Elend ausgesetzt sind […].”
R: Es gibt sogar Zitate aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Während der 10. Zionist-Konferenz anno 1911 sprach ihr Vorsitzender Max Nordau, der zusammen mit Theodor Herzl die World Zionist Organization gegründet hatte, die folgenden Worte (Nordau 1941, S. 197; Patai 1959, S. 156; Hecht 1961, S. 254, Fn. 4):
“[D]ie tugendsamen Regierungen, die mit so noblem Eifer an den Vorbereitungen für den ewigen Frieden arbeiten, legen mit ihren eigenen Händen das Fundament für die Vernichtung von sechs Millionen Menschen, und nicht einer außer den Opfern selbst erhebt die Stimme dagegen, obwohl dies freilich ein grenzenlos größeres Verbrechen ist als jedweder Krieg, der bisher noch nie sechs Millionen Menschenleben zerstört hat.” (Hervorhebung hinzugefügt.)
R: Fasziniert von dieser Vielzahl von Nachrichten über sechs Millionen leidende und sterbende Juden während des Ersten Weltkrieges und danach, hat Professor Thomas Dalton noch älter Artikel aus der New York Times aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg ausgegraben, die hauptsächlich Bezug nehmen auf sechs Millionen leidende Juden in Russland (Dalton 2009, S. 49f.). Die entlarvendste unter ihnen stammt vom 29 Januar 1905, S. 2, wonach ein bestimmter Rev. Harris “erklärte, dass ein freies und glückliches Russland mit seinen 6.000.000 Juden womöglich das Ende des Zionismus bedeuten würde.”
Z: Was im Gegenzug impliziert, dass der Zionismus ein Interesse an 6.000.000 unglücklichen Juden hatte.
R: Den Eindruck erhält man sicherlich, und er wurde fünf Jahre zuvor, also im Jahr 1900, von Rabbi Stephen Wise bestätigt, als er bei einer jüdischen Wohlfahrtsorganisation in den USA Folgendes ausführte (New York Times, 11.6.1900, S. 7):
“Es gibt 6.000.000 lebende, blutende, leidende Argumente für den Zionismus”
R: Dalton hat Artikel in der New York Times aus den Jahren 1896 und 1891 gefunden, die sechs Millionen leidenden Juden erwähnen, und die Sechs-Millionen-Zahl taucht sogar noch viel früher auf, nämlich im Jahr 1869, als dieselbe Zeitung eine Schätzung über die weltweite jüdische Bevölkerung abgab:
New York Times, 12.9.1869, S. 8: “Der Hebrew National hat ausgeführt […], zurzeit gebe es etwa 6.000.000 Israeliten, wovon annähernd die Hälfte in Europa lebe.”
Z: Es scheint fast so, als gebe es eine immerwährende Konstante jüdischen Leidens, genannt sechs Millionen.
R: Dafür mag es einen bestimmten Grund geben: Benjamin Blech weiß von einer alten antiken jüdischen Prophezeiung zu berichten, die den Juden die Rückkehr ins gelobte Land nach einem Verlust von sechs Millionen Menschen verspricht (Blech 1991, S. 214).
Z: Die zitierten Auszüge weisen ja darauf hin, dass das jüdische Leiden verschiedenen jüdischen Führern als Argument für eben dieses Ziel diente, die Rückkehr ins Gelobte Land.
R: Richtig. Man darf nicht vergessen, dass den Zionisten im Ersten Weltkrieg von England mittels der Balfour-Erklärung Palästina versprochen wurde. Das war ohne Zweifel ein wichtiger Grund für die Holocaust-Propaganda in und nach dem Ersten Weltkrieg.
Z: Was ist der Grund dafür, dass die New York Times so auffällig viele dieser Meldungen gebracht hat, andere Zeitungen aber nicht?
R: Zunächst einmal habe ich hier die New York Times zitiert, weil sie damals wie heute als eine der meistgelesenen, angesehensten und einflussreichsten Zeitungen galt. Das heißt nicht, dass andere Zeitungen nicht auch ähnliche Meldungen brachten. Dalton hat eine Online-Suche im Archiv der Londoner Times durchgeführt und dabei ebenfalls Bezüge auf 6 Millionen leidende oder getötete Juden gefunden, zum Beispiel:
“6.000.000 unerwünschte Unglückliche” – “6.000.000 Menschen ohne Zukunft.” (26.11.1936)
“Die Masseneinwanderung von Juden nach Palästina […] betrifft etwa 6.000.000 Juden” (22.11.1938)
“eine Zeit höchster Not für das mitteleuropäische Judentum. […] das Schicksal von 6.000.000 Menschen hängt in der Schwebe.” (14.2.1939)
“Hitlers oft wiederholtes Ansinnen, zu vernichten […] tatsächlich die Vernichtung von etwa 6.000.000 Menschen” (25.1.1943)
“etwa 6.000.000 Männer, Frauen und Kinder wurden von den Nazis und ihren Satelliten umgebracht.” (14.8.1945)
R: Kollerstrom hat ähnliche Bezüge in anderen Zeitungen gefunden (S. 158-174). Eine interessante Ressource ist in diesem Zusammenhang das Google Books Projekt. Mit ihm kann man alle in deren Datenbank befindlichen Bücher nach bestimmten Begriffen durchsuchen und das Ergebnis als Häufigkeit des Begriffs in Abhängigkeit vom Erscheinungsjahr des Buches darstellen. Abb. 3 zeigt das Ergebnis für den Satz “6 Millionen Juden” in den Jahren 1900 bis 2008.[9] Tatsächlich gibt es bereits einen kleinen Peak um das Jahr 1860 herum, den ich hier weggelassen habe. Man sieht in dem Graphen deutlich den Anstieg der 6-Millionen-Propaganda um den Ersten Weltkrieg herum, kleinere Maxima im Laufe der Zwischenkriegs-Spendenkampagnen mit Schwerpunkt um die Jahre 1922 und 1927, dann den erneuten Anstieg zur Zeit der 1936er Peel-Kommission zur Teilung Palästinas, die Eskalation im Zweiten Weltkrieg und danach anlässlich der Nürnberger Prozesse, sodann das stetige Wachstum seit 1955 mit dem Einsetzen der systematischen Verfolgung angeblicher NS-Täter durch die deutsche Strafjustiz mit dem Höhepunkt zur Zeit des Eichmann-Prozesses in Israel anno 1961/62. Ein erneuter Anstieg erfolgte dann in den 1980er Jahren, das stetige Wachstum der Holocaust-Industrie widerspiegelnd. Der spätere Abfall mag schlicht damit zusammenhängen, dass viele neuere Bücher noch urheberrechtlich geschützt und daher womöglich inhaltlich vom Google-Projekt nicht erfasst werden.
Das frühe Auftauchen der Sechs-Millionen-Zahl war also nicht auf die New York Times beschränkt. Andererseits sollte man aber auch nicht vergessen, dass die New York Times schon damals eine in jüdischem Besitz befindliche Zeitung war. Ich darf in diesem Zusammenhang den einstigen Chefredakteur der New York Times Max Frankel zitieren (Frankel 1999, S. 400f., 403):
“Diese Atmosphäre [des Antifaschismus] sowie die Schuldgefühle der Nichtjuden wegen des Holocaust ausbeutend, fühlten sich die amerikanischen Juden meiner Generation ermutigt, sich kulturell zu exponieren, ihre Herkunft stolz zur Schau zu tragen, literarische Inspiration in ihren Wurzeln zu finden und sich an der Wiederauferstehung Israels zu ergötzen. […]
Anstatt mich Idolen und Leidenschaften hinzugeben, weihte ich mich den Worten und Argumenten, wurde ein Teil einer schamlos jüdischen, verbalen Invasion der amerikanischen Kultur. Ich war besonders befriedigt, dass die wildesten Alpträume der Antisemiten wahr geworden waren: Inspiriert von unserem Erbe als Bewahrer des Buches, Erschaffer des Gesetzes und überlegene Geschichtenerzähler, erhielten die Juden in Amerika letztlich einen unverhältnismäßigen Einfluss an Universitäten und in allen Kommunikationsmedien.
[…] Innerhalb weniger Jahre nach Punchs [“Punch” Sulzberger, Eigentümer der New York Times] Übernahme des Chefsessels begann eine Zeit, in der nicht nur der Chefredakteur – A. M. Rosenthal –, sondern alle im Impressum der Zeitung aufgeführten Redakteure Juden waren. Im Hinterzimmer des Verlegers wurde diese Tatsache gelegentlich über einem Glas Wodka als undiplomatischer Zustand erwähnt, aber es änderte sich nur graduell, ohne Quotenregelung für Christen. […]
Die Times leidet nicht länger unter dem geheimen Wunsch, ihre ethnischen Wurzeln zu bestreiten oder zu überwinden.”
R: Der Ursprung der Sechs-Millionen-Zahl, die in der Zwischenzeit sogar für den Holocaust des Zweiten Weltkriegs selbst von etablierten Historikern als “symbolische Zahl” relativiert wurde,[10] liegt also ursprünglich keineswegs in irgendwelchem Wissen um jüdische Bevölkerungsverluste. Es darf daher nicht verwundern, wenn auch weltbekannte Statistiker anmerkten, dass die Opferzahlfrage lange Zeit mitnichten als geklärt galt (Hankins 1958). Das hat sich inzwischen allerdings aufgrund zweier Werke zu dem Thema geändert, auf die ich später eingehen werde.
1.4. Kriegspropaganda gestern und heute
R: Lassen Sie mich nun auf die Gründe des jüdischen Leidens eingehen, die von den Medien für die Jahre 1915-1927 bzw. 1941-1945 angegeben wurden bzw. werden. Während als Hauptgründe für den (erfundenen) ersten Holocaust im Wesentlichen allgemeine Unterdrückung, Armut und Epidemien angegeben wurden, waren angebliche Massenmorde in Gaskammern und Massenerschießungen die Mittel während des zweiten, des wirklichen(?) Holocaust.
Obwohl Behauptungen über Gaskammern nicht Teil des Propagandaklischees aus der Zeit des Ersten Weltkriegs und danach waren, ist hiervon eine Ausnahme bekannt. Am 22. März 1916 vermeldete der Londoner Daily Telegraph auf S. 7:
“GEWALTTATEN IN SERBIEN
700.000 Opfer
VON UNSEREM EIGENEN KORRESPONDENTEN
ROM, Montag, (18.45 Uhr)
Die Regierungen der Alliierten haben Beweise und Dokumente sichergestellt, die in Kürze veröffentlicht werden und beweisen, dass Österreich und Bulgarien schrecklicher Verbrechen in Serbien schuldig sind, wo die begangenen Massaker schlimmer waren als diejenigen, die die Türkei in Armenien verübt hatte.
[…] Frauen, Kinder und alte Männer wurden durch die Österreicher in Kirchen eingeschlossen und entweder mit dem Bajonett erstochen oder durch erstickendes Gas getötet. In einer Kirche in Belgrad wurden auf diese Weise 3.000 Frauen, Kinder und alte Männer erstickt. […]”
R: Natürlich behauptet heute kein Historiker, dass die Österreicher oder irgendeiner ihrer Alliierten jemals im Ersten Weltkrieg in Serbien Massenmorde durch Giftgas verübt hätten. Dies war nichts anderes als Gräuelpropaganda, die von der britische Regierung fabriziert und durch die Massenmedien eifrig weiterverbreitet wurde.
Aber vergleichen Sie dies mit einem Artikel, der im gleichen Londoner Daily Telegraph am 25. Juni 1942 auf S. 5 erschien, d.h. fünf Tage, bevor die New York Times zum ersten Mal über die angeblichen Massenmorde an Juden im deutsch beherrschten Europa berichtete:
“DEUTSCHE ERMORDEN 700.000
JUDEN IN POLENFAHRENDE GASKAMMERN
DAILY TELEGRAPH REPORTER
Mehr als 700.000 polnische Juden wurden von den Deutschen im größten Massaker der Weltgeschichte abgeschlachtet. […]”
R: Wir wissen freilich alle, dass diese Behauptungen diesmal stimmen, nicht wahr? Und es ist genauso wahr, dass seither niemand irgendein Land der Welt ernsthaft beschuldigt hat, Gaskammern gebaut und Zyklon B gelagert zu haben, um damit alle Juden umzubringen, dass die Juden also ein weiteres Mal durch einen Holocaust, eine Ausrottung von Millionen bedroht gewesen seien.
Z: Ganz richtig. Der Massenmord mit Giftgas in Gaskammern war etwas einzigartig Deutsches und Nazihaftes.
R: Den Zahn muss ich Ihnen leider auch ziehen! Lassen Sie mich nur zwei Beispiele aus einem Krieg anführen, der im Jahre 1991 stattfand, fast 50 Jahre nach dem Beginn der zweiten Holocaust-Propaganda. Es handelt sich dabei um Amerikas ersten Krieg gegen den Irak, der das Ziel verfolgte, die irakischen Truppen aus dem Kuwait zu vertreiben. Die in New York erscheinende Jewish Press, die sich damals selbst als “die größte unabhängige anglo-jüdische Wochenzeitung” bezeichnete, schrieb auf ihrer Titelseite am 21. Februar 1991:
“IRAKIS HABEN GASKAMMERN FÜR ALLE JUDEN”
R: Oder man nehme die Überschriften auf der Titelseite der ersten Ausgabe des Jahres 1991 (12. Jahrgang) der Zeitschrift Response, eines vom jüdischen Simon-Wiesenthal-Zentrum in Los Angeles verlegten Periodikums mit einer verteilten Auflage von 381.065 Exemplaren:
“DEUTSCHE PRODUZIEREN ZYKLON B IM IRAK
(Iraks deutsch-fabrizierte Gaskammer)”
R: Auf den Seiten 2ff. heißt es dann weiter:
“Schockierende Enthüllung: Deutsche Firmen produzieren im Irak Zyklon B
In treuem Vermächtnis zu ihren Nazi-Ära-Vorgängern versucht die deutsche Wirtschaft, sich ihren Schuldanteil am Desaster im mittleren Osten selber zu erlassen. ‘Wir belieferten den Irak nicht wissentlich mit Massenvernichtungswaffen – wir brachen kein Gesetz – wir erfüllten nur Bestellungen (oder: wir führten nur Befehle aus). […]
Wesentlich unheilvoller ist der Bericht, dass der Irak ein neues, wirksames Gas entwickelt hat, das Zyklon B enthält.[…] Dieses Gas sowie das Nervengas Tabun wurde an iranischen Kriegsgefangenen in speziell von dieser deutschen Firma entworfenen Gaskammern getestet […] (siehe das Umschlagfoto des Gaskammer-Prototyps).”
R: Wenn Sie es nicht glauben wollen, so schlagen Sie den Anhang auf, S. 577ff., wo die besagten Dokumente wiedergegeben sind.
Z: Donnerwetter! Sechs Millionen und Gaskammern überall!
R: Ich hoffe, dass Sie ein Gespür für das sich dahinter verbergende Muster der angelsächsischen und zionistischen Kriegs- und Mitleidspropaganda bekommen: 1869, 1896, 1900, 1916, 1920, 1926, 1936, 1942, 1991…
1991 war freilich wiederum alles erfunden, wie auch die späteren Behauptungen vor Amerikas zweitem Krieg gegen den Irak im Jahr 2003, dass der Irak Massenvernichtungswaffen besitze oder bald besitzen werde – wobei diesmal allerdings die “Massenvernichtungswaffe” Gaskammer bzw. Zyklon B nicht erwähnt wurde. Aber wie Israels bekannte Tageszeitung Ha’aretz stolz verkündete (Shavit 2003; vgl. Sniegoski 2003):
“Der Krieg im Irak wurde von 25 neokonservativen Intellektuellen ausgeheckt, die meisten davon Juden, die Präsident Bush drängen, den Gang der Geschichte zu ändern.”
R: Weil ja, wie wir alle wissen, die Juden in Israel einen präventiven Schutz vor einer Ausrottung mit Massenvernichtungswaffen verdienen – mit oder ohne Gaskammern und Zyklon B, ob diese Bedrohung nun frei erfunden ist oder nicht…
Z: Höre ich da Zynismus heraus? Meinen Sie etwa nicht, dass Juden Schutz vor Vernichtung verdienen?
R: Der Zynismus bezieht sich lediglich auf Fälle, wo eine solche Bedrohung eine reine Erfindung war. Jede Volks- bzw. Religionsgruppe verdient Schutz vor drohender Vernichtung. Juden sind da keine Ausnahme.
Ich will mit dieser Serie von Pressemeldungen lediglich erreichen, dass Sie nicht alles, was die Medien berichten – auch nicht die angesehene New York Times – für bare Münze nehmen, insbesondere in Kriegszeiten. Und es ist daher nur angebracht, zumindest als Hypothese zu akzeptieren, dass auch nicht alle Behauptungen bezüglich der Ereignisse zwischen 1941 und 1945 vollständig wahr sein müssen. Vielleicht ist es doch möglich, dass gewisse Dinge verdreht, verzerrt, übertrieben, erfunden wurden?
Z: Vielleicht…
R: Um Ihnen zu zeigen, wie Kriegspropaganda funktioniert, habe ich im Anhang das Wortprotokoll eines Berichts der ARD-Sendung Monitor aus dem Jahre 1992 wiedergegeben. Darin wird dargelegt, wie eine US-amerikanische Werbefirma im Auftrag der kuwaitischen Monarchen die sogenannte Brutkastenlüge erfand. Um die USA und vor allem die UNO dazu zu bewegen, einem Krieg gegen den Irak zuzustimmen, wurde getestet, auf welche Gräuelmeldung Zuschauer am besten reagieren. Ergebnis: Auf den grausamen Mord an Babys. Daraufhin wurde die Lüge erfunden, irakische Soldaten hätten im Kuwait systematisch Babys aus Brutkästen gerissen und ermordet. Eine “Zeugin” wurde als Schauspielerin mit dieser Lüge präpariert, die schließlich vor dem Menschenrechts-Ausschuss des UN-Sicherheitsrats auftrat und mit Tränen in den Augen über diese erfundenen irakischen Gräuel berichtete. Diese Aussage war einer der Schlüsselereignisse, welche die UNO schließlich dazu bewegte, einer amerikanischen Invasion zuzustimmen.
Behalten Sie dies bitte im Hinterkopf, wenn wir in einer späteren Vorlesungen auf ähnliche Aussagen über grausame Morde an Babys stoßen.
Angesichts dieser Fakten sollten wir uns alle immer wieder an die alte Weisheit erinnern: die Wahrheit ist immer das erste Opfer eines jeden Krieges. Es ist überraschend, dass so viele Menschen diese Erfahrung zurückweisen, wenn es um den schlimmsten aller Kriege geht, den Zweiten Weltkrieg. Gerade weil dies der brutalste aller bisher geführten Kriege war, ist es nur allzu wahrscheinlich, dass in ihm die Wahrheit öfter vergewaltigt und mit Füßen getreten wurde als in jedem anderen Krieg. Und ich meine damit nicht etwa ausschließlich den Holocaust, der nur ein Ereignis dieses Krieges war, sondern den gesamten Krieg. In diesen Vorlesungen will ich mich aber auf den Holocaust beschränken.
1.5. Schon ein Toter ist einer zu viel
Z: Sie haben nun dargelegt, dass die Sechs-Millionen-Zahl eher einen mystischen bzw. symbolischen Ursprung hat als einen auf Bevölkerungsstatistiken ruhenden. Aber sämtliche anerkannte Autoritäten auf diesem Gebiet bestehen doch darauf, dass sich die Opferzahl des Holocaust tatsächlich auf sechs Millionen beläuft. Meinen Sie etwa, dass die alle falsch liegen?
R: Die Opferzahl will ich in der Tat als nächstes besprechen.
Z: Aber spielt das überhaupt eine Rolle? Selbst wenn nur eine Million oder gar wenn nur 10.000 Juden umgebracht worden sind, dann wäre das immer noch ein abscheuliches Verbrechen.
R: Ich möchte sogar noch einen Schritt weiter gehen als Sie: Selbst die nicht zum Tode führenden unrechtsstaatlichen Verfolgungsmaßnahmen des Dritten Reiches waren schon in jeder Hinsicht inakzeptabel. Als Argument gegen die Untersuchung der statistischen Problematik oder des Ob und Wie der Judenvernichtung selber taugt es jedoch aus drei Gründen nicht.
Zunächst kann dieser Einwand deshalb nicht befriedigen, da gerade die Zahl der Opfer seit Jahrzehnten als sakrosankt gilt. Käme es auf die Anzahl der Opfer nicht an, so müsste sie nicht als gesellschaftliches, ja strafrechtliches Tabu geschützt werden. Offenbar steht hinter der Sechs-Millionen-Zahl eben doch mehr als nur die Tatsache, dass sie eine Fülle individueller Schicksale beinhaltet: Es geht um ein Symbol, von dem man nicht lassen möchte, da berechtigte Zweifel an der Zahl schnell zu unerwünschten Zweifeln an weiteren Aspekten des Holocaust führen können. Es ist geradezu irrational, dass einerseits diejenigen, die die Sechs-Millionen-Zahl anzweifeln, gesellschaftlich oder gar strafrechtlich geächtet werden, dass sich andererseits aber Justiz und Gesellschaft beim Auftauchen stichhaltiger Argumente gegen die Sechs-Millionen-Zahl plötzlich von der Millionenzahl zurückziehen, sie für unerheblich erklären und auf der Würde schon des ersten Opfers beharren. Ist die Sechs-Millionen-Zahl nun strafrechtliches Richtmaß oder ist sie unerheblich? Sie kann nicht beides zugleich sein.
Vor allem aber kann die moralisch korrekte Wertung, dass bereits ein Opfer eines zu viel sei, prinzipiell kein Einwand gegen eine wissenschaftliche Untersuchung dieses Verbrechens sein. Sowenig ich jedem einzelnen Opfer die Tragik des individuellen Schicksals absprechen möchte, so sehr muss die Wissenschaft jedoch darauf bestehen, dass es immer möglich sein muss, über Zahlen zu diskutieren, weil der Wissenschaft immer erlaubt sein muss, präzise Antworten zu finden. Was würden wir zum Beispiel von einem Regierungsbeamten denken, der fordern würde, einem Physiker solle unter Strafandrohung verboten werden, die genauen Belastbarkeitswerte des Kühlsystems eines Atomreaktors zu ermitteln, da ja selbst eine große Belastbarkeit keine absolute Sicherheit böte und daher immer noch schlimm wäre? Wenn man einen Physiker derartigen Bedrohungen aussetzte, würde er bald zu falschen Ergebnissen kommen, die dann allerdings zu einer mitunter gigantischen Bedrohung von Menschenleben ausarten können.
Wenn Historiker geächtet oder strafrechtlich verfolgt werden, weil ihre Forschungsergebnisse oder gar bereits ihre Fragestellungen als unmoralisch angesehen werden, dann müssen wir logischerweise annehmen, dass die Ergebnisse solch verzerrter Geschichtswissenschaft wahrscheinlich unzuverlässig sind. Und da unser Geschichtsbild direkten Einfluss auf die Politik unserer Regierenden hat, muss ein falsches Geschichtsbild notwendigerweise auch zu einer falschen Politik führen. Es ist die Schlüsselfunktion und Hauptverantwortlichkeit jeder Wissenschaftsdisziplin, zuverlässige Werte und Ergebnisse zu liefern. Die Prinzipien, die für Naturwissenschaft und Technik als selbstverständlich gelten, kann man in der Geschichtswissenschaft nicht plötzlich aus politischen Opportunitätsgründen aufgeben – es sei denn, man ist bereit, sich intellektuell ins tiefe Mittelalter zurückversetzen zu lassen.
Drittens und abschließend kann die moralisch richtige Wertung, dass bereits ein Opfer eines zu viel sei, kein Grund sein, ein Verbrechen eingehend zu untersuchen, dem allgemein in seiner moralischen Verwerflichkeit eine Einzigartigkeit in der Menschheitsgeschichte zugesprochen wird. Ein angeblich einzigartig verwerfliches Verbrechen muss sich zumindest das gefallen lassen, was für jedes Verbrechen gilt, nämlich dass es detailliert untersucht wird, ja werden muss. Ich gehe sogar noch weiter: Wer ein einzigartiges Verbrechen postulieren will, muss eine einzigartige Untersuchung des vorgeworfenen Verbrechens akzeptieren, bevor man die Einzigartigkeit als gegeben hin- bzw. annimmt. Würde man dagegen das angeblich einzigartige Verbrechen durch einen Schutzschild der moralischen Entrüstung vor einer Untersuchung zu schützen suchen, so würde man sich selber eines einzigartigen Verbrechens schuldig machen, das darin bestünde, die Belastung mit einzigartigen Schuldvorwürfen jeder Kritik und jeder Gegenwehr zu entziehen.
Z: Sie tun gerade so, als habe es in den vielen Gerichtsverfahren zum Holocaust vor allem im Nachkriegsdeutschland keine Möglichkeit für die Angeklagten gegeben, sich sachgemäß zu verteidigen. Aber die bei diesen Verfahren ergangenen Urteile erfolgten doch gerade vor rechtsstaatlichen Gerichten mit allen nur denkbaren Verteidigungsmöglichkeiten.
R: Wir werden auf die Umstände der von Ihnen erwähnten Verfahren später eingehen. Aber ich meinte hier gar nicht in erster Linie die Gerichtsverfahren. Ich sprach von der Möglichkeit, in der Geschichtswissenschaft zu jedem beliebigen Zeitpunkt neue Sachverhalte vorbringen zu dürfen, selbst wenn sie von der einen oder anderen Seite als entlastend oder belastend empfunden werden. Für dieses Vorbringen neuer oder als neu empfundener Beweise oder Interpretationen darf niemand sozial geächtet oder gar strafrechtlich verfolgt werden. Denn wenn man das täte, so würde man die Wissenschaftsfreiheit selbst aufheben, also die Freiheit des Menschen, zu zweifeln, zu fragen, und ohne Zwang nach Antworten zu suchen.
1.6. Fehlen sechs Millionen?
Z: Nun aber raus mit der Sprache: Wie viele Juden sind Ihrer Ansicht nach im Holocaust umgekommen?
R: Ich selbst habe dazu keine Primärquellenforschung durchgeführt, verlasse mich daher hier auf andere. Nimmt man sich die über die Verluststatistiken der Juden im Zweiten Weltkrieg vorhandene Literatur vor, so fällt zunächst auf, dass es nur zwei ausführliche Monographien zum Thema gibt.
Z: Aber jedes größere Buch über den Holocaust gibt doch Opferzahlen an.
R: Schon, bloß werden die Opferzahlen darin lediglich behauptet, nicht aber bewiesen. Man nehme zum Beispiel die Zahlen im Buch The Destruction of the European Jews (dt.: Die Vernichtung der europäischen Juden) vom weltweit hoch angesehenen, inzwischen verstorbenen Holocaust-Experte Raul Hilberg (2003, S. 1320) und vergleiche diese mit jenen von Lucy Dawidowicz, einer weiteren Expertin, die in ihrem Buch The War against the Jews (dt.: Der Krieg gegen die Juden 1933-1945) veröffentlicht wurden. Beide behaupten, im Holocaust seien zwischen fünf und sechs Millionen Juden ermordert worden. Wenn man aber vergleicht, wie beide Autoren diese Opfer den behaupteten Mordstätten zugeordnet haben, so stellt sich heraus, dass sie sich über wenig einig sind, siehe Tabelle 1. Solch eine Tabelle könnte man mit den Zahlen vieler weiterer etablierter Holocaust-Historiker füllen, und deren Zahlen würden genauso wild divergieren. Wie kann es da sein, dass all diese Autoren im Wesentlichen die gleiche Gesamtopferzahl anführen, wenn sie sich über sonst nichts einig sind, und kein einziger von ihnen das von ihm Behauptete mit unanfechtbaren Quellen beweist?
Stätte | Hilberg | Dawidowicz[11] |
---|---|---|
Auschwitz: | 1,000,000 | 2,000,000 |
Treblinka: | 800,000 | 800,000 |
Belzec: | 435,000 | 600,000 |
Sobibór: | 150,000 | 250,000 |
Chelmno: | 150,000 | 340,000 |
Majdanek: | 50,000 | 1,380,000 |
Gesamt Lager: | 2,585,000 | 5,370,000 |
Andernorts: | 2,515,000 | 563,000 |
Gesamt: | 5,100,000 | 5,933,000 |
Lassen Sie mich daher nun auf die einzigen zwei Bücher zurückkommen, die sich mit nichts anderem befassen als dem statistischem Thema jüdischer Bevölkerungsverluste in Europa während des Zweiten Weltkriegs.
Da gibt es zunächst das 1983 erschienene revisionistische Werk Die Auflösung des osteuropäischen Judentums von Walter N. Sanning alias Wilhelm Niederreiter und sodann das vom Politologen Wolfgang Benz 1991 herausgegebene Sammelwerk Dimension des Völkermords. Während Sanning in seinem Werk die Anzahl der ungeklärten Verluste des europäischen Judentums in der Größenordnung von 300.000 ansiedelt, kommt Benz in Übereinstimmung mit der herrschenden Meinung zu einer Verlustziffer von etwa 6 Millionen.
Z: Na großartig! Krasser könnte der Widerspruch nicht sein. Und welches Werk empfehlen Sie?
R: Benz‘ Werk gilt heute als Standardwerk und stützt sich über weite Bereiche auf wesentlich ausführlicheres Quellenmaterial als Sanning.
Z: Also doch sechs Millionen umgebrachte Juden!
R: Langsam und der Reihe nach. Obwohl das Werk von Wolfgang Benz eindeutig eine Reaktion auf das revisionistische Buch war, findet sich bei Benz nirgendwo eine direkte sachliche Auseinandersetzung mit den von Sanning vorgebrachten Argumenten, und Sanning selbst wird in einer Fußnote lediglich diffamiert.[12]
Z: Das ist aber doch ein erstklassiges Anzeichen unwissenschaftlichen Stils!
R: Richtig, umso mehr, zumal Benz sein Buch gerade herausgab, um revisionistische Thesen zu widerlegen. Wegen dieser Ausblendung revisionistischer Argumente in Benz‘ Werk blieb nichts anderes übrig, als beide Werke nebeneinander zu stellen und das vorgelegte statistische Material zu vergleichen. Genau das habe ich 1994 getan (Gauss 1994, S. 141-168; Rudolf 2003a, S. 181-213). Ich darf hier nun die wichtigsten Ergebnisse kurz zusammenfassen.
Als erstes ist festzustellen, dass beide Werke die Opfer des Holocaust völlig anders definieren. Während Sanning versucht, lediglich jene Opfer aufzusummieren, die durch direkte Tötungsmaßnahmen infolge einer nationalsozialistischen Verfolgungspolitik verstarben, summiert Benz alle statistischen jüdischen Bevölkerungsverluste in Europa auf das Konto des Holocaust, also auch die im Waffenrock der Roten Armee gefallenen Juden, die Opfer sowjetischer Deportationsmaßnahmen und Zwangsarbeitslager, die Bevölkerungsverluste infolge natürlicher Sterbeüberschüsse und von Religionsübertritten usw.
Entscheidender aber ist der Umstand, dass Benz über die Frage der Bevölkerungsbewegungen im Zweiten Weltkrieg und danach keine Untersuchungen anstellt. Gerade hier jedoch verbirgt sich das zentrale Problem unserer statistischen Betrachtung. Der als Exodus bekannt gewordene Auszug der Juden aus Europa vor allem nach Israel und in die USA, der vor dem Zweiten Weltkrieg begann, im Jahr 1941 weitgehend unterbrochen wurde und in den Jahren 1945 bis 1947 seinen Höhepunkt erreichte, wird von Benz schlicht ignoriert. Auch das Problem der Wanderungsbewegung der Juden in Osteuropa wird von Benz stiefmütterlich behandelt, so die Frage, wie vielen polnischen Juden die Flucht vor der deutschen Armee gelang – Sanning macht eine Größenordnung von einer Million plausibel – und wie hoch der Anteil der Juden war, die in den Jahren 1941 und 1942 durch die Sowjets nach Sibirien deportiert wurden.
Z: Stalin hat Juden nach Sibirien deportiert?
R: Oh ja! Die von jüdischen Hilfsorganisationen damals angegebenen, von Sanning zitierten Zahlen schwanken zwischen einer halben und einer ganzen Million, die bei Ausbruch des Krieges mit Deutschland gen Osten deportiert wurden. Stalin selbst hat sich während der “Großen Säuberung” der Jahre 1937 und 1938 massiv gegen die Juden gewandt. Als Beispiel mögen die Daten ethnischer Zugehörigkeit im Führungskader des sowjetischen Terrorapparats NKWD dienen, basierend auf internen NKWD-Akten, wobei ich hier aus Platzgründen nur Russen und Juden wiedergebe (Petrov 2001):
Nationalität | 10.07.34 | 1.10.36 | 1.03.37 | 1.09.38 | 1.07.39 | 1.01.40 | 26.02.41 |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Russen | 31,25% | 30,00% | 31,53% | 56,67% | 56,67% | 64,53% | 64,84% |
Juden | 38,54% | 39,09% | 37,84% | 21,33% | 3,92% | 3,49% | 5,49% |
Z: Aber Juden sind doch Religionszugehörige, nicht Volkszugehörige!
R: Über dieses Thema streiten sich die Juden selbst seit Tausenden von Jahren, und wir werden diese Streitfrage hier nicht beantworten können. Tatsache ist, dass das NKWD Juden als ethnische Gruppe führte, wahrscheinlich, weil die Juden selbst darauf bestanden.
Z: Demnach waren anfangs etwa 40% der führenden Positionen im sowjetischen Terrorapparat von Juden besetzt. Wie hoch war denn der jüdische Bevölkerungsanteil in der Sowjetunion?
R: Vor dem Krieg etwa 4 Millionen auf eine Gesamtbevölkerung von vielleicht 200 Millionen, also 2%.
Z: Ist diese Überrepräsentanz der Juden im Terrorapparat der Ursprung des Mythos vom “jüdischen Bolschewismus”?
R: Ganz richtig,[13] bloß hat es diese Überrepräsentanz bei Kriegsausbruch nicht mehr im früheren Umfang gegeben. Aber zurück zu Benz und Sanning. Gerade bezüglich der jüdischen Bevölkerungsverschiebungen in der Sowjetunion und in Polen, also der Flucht und Deportation von Juden gen Osten bei Ausbruch des deutsch-polnischen bzw. deutsch-sowjetischen Krieges, glänzt Sannings Untersuchung durch eine Fülle von Material, so dass man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass Benz dem nichts entgegenzusetzen wusste, so dass er das Thema schlicht unter den Tisch fallen ließ.
Benz‘ Methode zur Ermittlung der angeblichen Opferzahl kann im Wesentlichen so zusammengefasst werden: Er ermittelte die Differenz zwischen der Anzahl der Juden aus den jeweils letzten Volkszählungen aller betroffenen Länder vor Kriegsausbruch einerseits und jener aus den ersten Nachkriegs-Volkszählungen andererseits, die aber oft erst einige Jahre nach Kriegsende durchgeführt wurden. Dass inzwischen Millionen von Juden in die USA, nach Israel und anderswohin ausgewandert waren, ignoriert er genauso wie den Umstand, dass insbesondere die Nachkriegs-Bevölkerungsstatistiken der Sowjetunion unzuverlässig sind, zumal dort jedes religiöse Bekenntnis – ob nun christlich oder jüdisch – zu Verfolgungsmaßnahmen führen konnte. Dass 1959 und 1970 nur knapp über zwei Millionen Menschen in der UdSSR zugaben, Juden zu sein, heißt daher keineswegs, dass nur etwa zwei Millionen Juden den Krieg überlebten, sondern nur, dass nur zwei Millionen es wagten, in einem radikal religionsfeindlichen und in jenen Jahren anti-zionistischen Land zuzugeben, Juden zu sein (siehe Stricker).
Z: Und Benz nimmt diese sowjetischen Statistiken für bare Münze?
R: Ja, ohne ein Wort der Kritik. Wenn man sich die Wortwahl genauer ansieht, so findet man bei Benz die Behauptung, Stalin habe eine Appeasementpolitik geführt, sei aber von Hitler überfallen worden. Das Klischee vom Überfall auf die friedliebende Sowjetunion kommt direkt aus der kommunistischen Propagandaküche. Irgendwie hat Benz übersehen, dass die UdSSR kurz zuvor halb Polen annektiert, Finnland überfallen, Bessarabien angegliedert sowie Estland, Lettland und Litauen verschlungen hatte.
Z: Mit anderen Worten: Benz hat eine auffallend unkritische Haltung gegenüber allem, was Moskau als wahr verkaufen will.
R: Dieses Eindrucks kann man sich nicht erwehren. Das mag die seltsame Verhaltensweise von Benz und seinen Koautoren erklären. Lassen Sie mich die zweifelhaften Methoden von Benz an zwei Ländern veranschaulichen: Frankreich und Polen.
Es ist allgemein anerkannt, dass während des Krieges etwa 75.000 Juden aus Frankreich deportiert wurden, die meisten davon direkt nach Auschwitz. Ein französisches Standardwerk, das sich mit dem Schicksal dieser Menschen befasst, stellt fest, dass sich nur etwa 2.500 dieser Juden nach dem Krieg in Frankreich offiziell zurückmeldeten, dass also etwa 97% der Deportierten umgekommen seien (Klarsfeld 1978a). Diese Zahl wurde im Wesentlichen von Benz übernommen.[14]
Z: Heißt das, dass nur jene aus Frankreich deportierten Juden als Überlebende gezählt wurden, die sich nach dem Krieg in Frankreich als Juden zurückmeldeten?
R: Richtig.
Z: Und was ist mit denjenigen, die sich in anderen Ländern niederließen?
R: Sie legen den Finger auf die Wunde: Der schwedische Bevölkerungsstatistiker Carl O. Nordling wies in einer Studie zu diesem Thema darauf hin, dass die meisten der aus Frankreich deportierten Juden gar keine französischen Juden waren, sondern in der überwiegenden Mehrheit – 52.000 – solche, die vor den Nationalsozialisten nach Frankreich geflohen waren, sei es aus Deutschland, Österreich, der Tschechoslowakei, Polen oder gar den Benelux-Ländern (Nordling 1997). Die französische Kollaborationsregierung in Vichy erklärte sich damit einverstanden, diese Personen, die entweder keine französische Staatsbürgerschaft besaßen oder sie erst kurz zuvor erhalten hatten, aus Frankreich zu entfernen. Die große Masse der französischen Juden selbst wurde nie deportiert. Nun die Preisfrage: Was meinen Sie, wie viele dieser nicht-französischen Juden wohl nach Kriegsende nach Frankreich zurückgekehrt sein werden und sich dort offiziell als Juden zurückgemeldet haben, nachdem sie unter tatkräftiger Mithilfe der Franzosen nur wenige Jahre zuvor nach Auschwitz geschickt worden waren?
Z: Palästina und die USA waren da wohl attraktivere Ziele.
R: Für die meisten sicherlich. Jedenfalls war Frankreich ja nicht das Zuhause der meisten dieser aus Frankreich deportierten Juden. Warum hätten sie also dorthin zurückkehren sollen? Dementsprechend ist die Methode, mit der Benz die Opferzahl in Frankreich bestimmt, extrem fragwürdig.
Z: Meinen Sie also, dass die meisten dieser Juden tatsächlich überlebten?
R: Das ist damit nicht gesagt. Das Schicksal der aus Frankreich deportierten Juden lässt sich anhand der Auschwitzer Sterbebücher einigermaßen erhellen. Das sind Dokumente der damaligen Lagerleitung, in die alle im Lager registrierten Häftlinge eingetragen wurden, die dort verstorben waren. Einige der darin enthaltenen Daten wurden veröffentlicht (Staatliches Museum… 1995). Obwohl diese Bücher nicht lückenlos erhalten sind – die Serie bricht Ende 1943 ab –, geben sie dennoch Aufschluss über das Schicksal eines großen Teils dieser Juden. Demnach starb ein erschreckend großer Teil dieser Juden an einer im Sommer 1942 ausgebrochenen Fleckfieberepidemie. Die nach Ausbruch dieser Epidemie deportierten Juden wurden mehrheitlich dann nicht mehr im Lager registriert, wahrscheinlich weil das Lager mit seinem damaligen katastrophalen Hygienezustand nicht in der Lage war, weitere Häftlingsmassen aufzunehmen, so dass die nach Auschwitz geschickten Juden von dort aus gleich weiter nach Osten oder in andere Lager deportiert wurden (Aynat 1994 & 1998b).
Z: Was ist denn die Gesamtzahl der in diesen Sterbebüchern verzeichneten Opfer?
R: Etwa 69.000. Allerdings sind darin die frühen Monate des Lagers sowie das Jahr 1944 und der Besetzungsmonat Januar 1945 nicht enthalten.
Z: Das wären dann extrapoliert vielleicht zusammen 120.000 Opfer? Das ist ja nur ein Bruchteil der heute allgemein behaupteten Zahl von rund einer Million jüdischer Auschwitz-Opfer.
R: Vorsicht! Die Sterbebücher enthalten nur die Sterbefälle registrierter Häftlinge! Die angeblich direkt in die Gaskammern geführten Häftlinge sollen ja nie registriert worden sein und können, wenn dies zutrifft, in den Sterbebüchern also gar nicht auftauchen. Aber wir wollen dieses Spezialthema auf einen späteren Zeitpunkt verschieben.
Lassen Sie mich nun ein letztes Beispiel Benzscher Inkompetenz ansprechen, nämlich Polen. Neben der Sowjetunion war Polen damals das Land mit der größten jüdischen Bevölkerung in Europa. Laut der Volkszählung von 1931 waren es etwa 3,1 Millionen. Zur Ermittlung der Opferzahl macht Benz dreierlei: Erstens erhöht er die Ausgangszahl, indem er annimmt, die polnischen Juden hätten bis September 1939 einen ähnlichen Bevölkerungszuwachs zu verzeichnen gehabt wie die christliche Bevölkerung Polens, weshalb er 3,45 Mio. Juden bei Kriegsausbruch ansetzt. Zweitens nimmt er an, dass alle Juden, die im später deutsch besetzen Teil lebten, bei Kriegsausbruch auch dort verharrten. Somit kommt er auf eine Zahl von etwa zwei Millionen polnischen Juden im deutschen Herrschaftsbereich (Benz 1991, S. 443). Zur Ermittlung der Opferzahl zieht er davon die Anzahl jener Juden ab, die 1945 angeblich noch in Polen anwesend waren, nämlich etwa 200.000 (ebd., S. 492f.). Nun die Frage an Sie: Was ist an dieser Methode zweifelhaft?
Z: Woher weiß Benz, wie viele Juden sich im radikal antisemitischen Polen nach dem Krieg noch als Juden zu erkennen gaben?
R: Genau: Die wirkliche Zahl könnte weit höher gelegen haben. So registrierten die alliierten Besatzungsmächte in den ersten Nachkriegsjahren die Ankunft von 5.000 polnischen Juden wöchentlich(!) allein in den westdeutschen Besatzungszonen (Jacobmeyer 1977, S. 125), und ein Zeitungsbericht der United Press (UP) vom 15. Februar 1946 führte aus, es gebe immer noch 800.000 Juden im Nachkriegspolen, die auszuwandern wünschten (Keesings… 1948, S. 651B). Allerdings erwähnt der von UP zitierte Bericht des Anglo-American Committee of Inquiry nur eine “geschätzte” Zahl von 80.000 Juden mit dem Vorbehalt, dass “es unmöglich ist, genaue Statistiken zu beschaffen” (Anglo-American 1946). UP hat daher diese Zahl wohl falsch wiedergegeben, was erneut darlegt, dass Medienberichte und Meldungen von Nachrichtenagenturen nicht unbedingt zuverlässig sind. Was könnte sonst noch mit Benz‘ Ansatz nicht stimmen?
Z: Benz ignoriert die Möglichkeit, dass die polnischen Juden vor der deutschen Armee nach Osten flohen.
R: Genau. Und was weiter?
Z: Polen wurde 1945 doch massiv nach Westen verlagert. In jenem Jahr herrschte überall in Europa Chaos. Wie kann man da behaupten, irgendjemand habe 1945 gewusst, wie viele Juden in Polen lebten? Wie definierte man 1945 überhaupt Polen?
R: Guter Einwand. Sind da noch andere? Nein?
Dann lassen Sie mich mal bei der letzten Volkszählung beginnen. Benz‘ Methode, bei den Juden ein ähnliches durchschnittliches Bevölkerungswachstum anzusetzen wie bei anderen Volksgruppen, ist falsch. Das Polen der Zwischenkriegszeit war ein Staat, in dem alle nichtpolnischen Minderheiten durch radikale, manchmal pogromartige Verfolgungsmaßnahmen einem ungeheuren Assimilierungs- bzw. Auswanderungsdruck ausgesetzt waren. Das galt gleichermaßen für Deutsche, Weißrussen und Ukrainer wie auch für Juden. Man darf nicht vergessen, dass Polen bis zur sogenannten “Reichskristallnacht” als judenfeindlicher galt als Hitlers Deutschland. Der bundesdeutsche Regierungshistoriker Hermann Graml hat gezeigt, dass seit 1933 jährlich etwa 100.000 polnische Juden aus Polen emigrierten (Graml 1958, S. 80). Es handelte sich dabei primär um die junge, die gebärfähige Bevölkerung. Dementsprechend wird die Zahl polnischer Juden 1939 erheblich unter drei Millionen gelegen haben, wahrscheinlich eher in der Größenordnung von nur zwei Millionen.
Dazu kommt nun die schon erwähnte Flucht insbesondere der Juden vor der deutschen Armee bei Kriegsausbruch. Während Benz von etwa 300.000 geflohenen Juden ausgeht, weist Sanning nach, dass damals jüdische Hilfsorganisationen von 600.000 bis 1.000.000 von den Sowjets nach Sibirien deportierten polnischen Juden berichteten, die in die UdSSR geflohenen waren. Alles in allem gelangt Sanning zu dem Schluss, dass 1939 nur etwa 750.000 polnische Juden unter deutsche Herrschaft kamen (Sanning 1983, S. 39-46). Das sind 1.250.000 weniger als bei Benz. Sie sehen also, wie einfach es ist, Opferzahlen zu maximieren.
Das muss hier genügen, um nur einige der methodischen Schwächen von Benz‘ Werk aufzuzeigen.
Z: Wir wissen nun immer noch nicht, wie viele Juden Ihrer Ansicht nach im Holocaust umkamen. Aber ich habe den Eindruck, sie neigen dazu, eher Sanning zu glauben als Benz.
R: Aufgrund seiner beschränkten Auswertung von Archivquellen und weil es bereits fast drei Jahrzehnte alt ist, halte ich Sannings Buch für aktualisierungsbedürftig. Ich neige daher dazu, ihm in der Tendenz Recht zu geben, die Frage nach der exakten Zahl aber offen zu lassen. Dafür bedarf es schlicht weitergehender Forschungen kritischer Wissenschaftler, die auch die Veröffentlichung missliebiger Ergebnisse nicht scheuen.
Z: Aber gibt es nicht Listen mit den Namen von sechs Millionen Holocaust-Opfern?
R: Das israelische Holocaust-Forschungszentrum Yad Vashem hat eine solche Liste zusammengestellt. Sie umfasst zurzeit etwa drei Millionen Namen, wobei etwa eine Million aus veröffentlichten Quellen stammt, der Rest aber überwiegend aus schriftlichen Meldungen (“Aussagen-Seiten”) durch Verwandte, Freunde oder Ortsansässige.[15] Yad Vashems Werbebroschüre schreibt dazu:[16]
“Da noch viele Namen fehlen, bitten wir jüdische Familien auf der ganzen Welt dringend, die Online-Datenbank auf Shoa-Opfer hin zu überprüfen, die sie kennen, und unregistrierte Namen über die Seite zu melden.
- Dies ist ein Rennen gegen die Zeit – wir müssen so viele Namen wie möglich sammeln, bevor die Generation, die sich ihrer erinnert, nicht mehr unter uns weilt. Nach Namen von Opfern suchen
- Einsenden unregistrierter Namen und Informationen auf Aussageseiten (Sonderformulare mit biographischen Details einzelner Opfer – siehe unten)
- Schicken Sie Fotos der Opfer”
Z: Also mit anderen Worten gesagt: jeder kann bei Yad Vashem Opfer melden.
R: Ganz richtig. So berichtet Yad Vashem beispielsweise über einen Fall, wo ein Bewohner eines Ortes einfach alle vor dem Krieg in seiner Gegend lebenden Juden als Opfer meldete, und zwar mit folgender Begründung:[17]
“Nach dem Krieg bemerkte er, dass kein Jude in seine Heimatregion zurückgekehrt war.”
Z: Wird da irgendwie kontrolliert, ob die Angaben auch richtig sind? Immerhin könnte es ja sein, dass die vermissten Juden inzwischen in den USA, in Israel oder anderswo leben.
R: Meines Wissens wird rein gar nichts kontrolliert. Sie selbst können in Yad Vashem einen solchen Opferbogen bestellen und ihn dann ausgefüllt zurücksenden. Die Bestell-Adresse ist Hall of Names, Yad Vashem, P.O.B 3477, 91034 Jerusalem, Israel; Telefon: 00972-02-6443582; oder per Email: [email protected].
Z: Kann ich auch einen Bogen mit den Daten meines Schäferhundes einsenden?
R: Nun werden Sie nicht geschmacklos! Ich glaube nicht, dass derartiger Unfug betrieben wird, aber es gibt wohl keine Möglichkeit, Irrtümer, Doppelnennungen und die Meldung Überlebender zu verhindern. Boisdefeu hat eine Anzahl von Einträgen in dieser Datenbank geprüft und hat dabei viele solcher Problem entdeckt: viele Personen sind mehrfach aufgeführt; ganze Personengruppen wurden ohne Beweis für ihre Ableben hinzugefügt; in einer Anzahl von Fällen konnte sogar nachgewiesen werden, dass die aufgeführten Personen den Krieg überlebt hatten (Boisdefeu 2009, S. 46-50, 133-136). Die von Yad Vashem erstellte Namensliste ist daher vom wissenschaftlichen Standpunkt aus betrachtet recht bedeutungslos.
Z: Welche Kriterien müsste denn eine Liste erfüllen, damit sie Ihren Segen erhält?
R: Yad Vashem müsste Dokumente verlangen, die erstens die Existenz der behaupteten Person am behaupteten Ort belegen und zweitens, dass diese Person auch tatsächlich durch Ereignisse des Holocaust umgekommen ist.
Z: Das ist aber doch ein ziemliches Ding der Unmöglichkeit, wenn man bedenkt, dass die meisten Opfer anonym, ohne Registrierung und ohne Totenschein einfach ermordet und dann verbrannt oder verscharrt wurden.
R: Das ist die gängige Sichtweise, und ich gebe Ihnen Recht, dass man sich bei einem solchen Szenarium in einem Dilemma befindet. Aber einfach nur den ungeprüften Angaben von irgendjemandem zu glauben, der zwar in gutem Glauben handeln mag, aber letztlich über das Schicksal Verschollener gar nichts weiter weiß, ist eben alles andere als wissenschaftlich.
Auf ganz andere Weise geht das Suchzentrums des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes in Arolsen vor. Dort werden Sterbefälle in deutschen Lagern nur dann registriert, wenn diese mit unzweifelhaften Dokumenten belegt werden können.
Z: Und zu welcher Opferzahl ist das Rote Kreuz gekommen?
R: Arolsen hat bis 1993 auf Anfragen hin in einem Schreiben eine Auflistung der registrierten Todesfälle in deutschen Lagern vertrieben. Nachdem das Rote Kreuz dafür heftig kritisiert wurde, hat es diese Praxis nachfolgend eingestellt.
Z: Und warum ist es kritisiert worden?
R: Schauen wir uns die Zahlen doch in Tabelle 3 einfach an. Nach dieser Auflistung liegt die Opferzahl bei etwa 300.000 Häftlingen aller Glaubensrichtungen.
Auschwitz | 60.056 |
Bergen-Belsen | 6.853 |
Buchenwald | 20.687 |
Dachau | 18.456 |
Flossenbürg | 18.334 |
Groß-Rosen | 10.951 |
Majdanek | 8.831 |
Mauthausen | 78.859 |
Mittelbau | 7.468 |
Natzweiler | 4.431 |
Neuengamme | 5.785 |
Ravensbrück | 3.639 |
Sachsenhausen | 5.014 |
Stutthof | 12.634 |
Theresienstadt | 29.375 |
Verschiedene | 4.704 |
Gesamt | 296.077 |
* Schreiben des Suchzentrums des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes, Stand 1.1.1993. |
Z: Nur 60.000 Opfer in Auschwitz? Und nur 300.000 insgesamt? Wenn das der Gesamtzahl auch nur nahe kommt, dann wäre das eine Sensation!
Daten aus erhaltenen Dokumenten der Lager* |
Arolsen 1993 |
|
---|---|---|
Auschwitz | 135.500 | 60.056 |
Buchenwald | 33.462 | 20.687 |
Dachau | 27.839 | 18.456 |
Majdanek | 42.200 | 8.831 |
Mauthausen | 86.195 | 78.859 |
Sachsenhausen | 20.575 | 5.014 |
Stutthof | 26.100 | 12.634 |
Gesamt | 371.871 | 204.537 |
* Graf, in: Rudolf 2003a, S. 283-309 |
R: In Deutschland würde eine solche Behauptung eher als Skandal oder gar als Verbrechen empfunden denn als Sensation, und genau aus diesem Grunde wurde das Rote Kreuz auch kritisiert. Aber bevor wir hier zu voreiligen Schlüssen kommen, habe ich dem in Tabelle 4 die Zahlen entgegengestellt, die sich für einige dieser Lager direkt oder indirekt aus den originalen deutschen Lagerdokumenten aus der Kriegszeit ergeben. Man erkennt daraus, dass die Zahlen von Arolsen nur etwa 55% der Angaben der damaligen Lagerverwaltung selbst entsprechen. Das würde bedeuten, dass die Gesamtzahl aller von Arolsen aufgeführten Lager durchaus in der Größenordnung von einer halben Million liegen kann.
Man muss aber bedenken, dass Arolsens Liste nicht alle Lager umfasst. Die als reine Vernichtungslager beschriebenen Lager Chelmno, Belzec, Sobibor und Treblinka, in denen ohne Registrierung gemordet worden sein soll und aus denen daher keine Dokumente erhalten sein können, sind genauso wenig aufgeführt wie die Opfer in den verschiedenen Ghettos. Zudem wird für Auschwitz ja ein Massenmord an unregistrierten Juden behauptet, die in diesen Statistiken ebenso wenig auftauchen können. Wie hoch schließlich der Anteil der Juden an diesen Zahlen ist, ist ebenso ungeklärt, wenngleich man davon ausgehen darf, dass Juden die größte Opfergruppe darstellten. Allerdings hat Kollerstrom festgestellt, dass in den Sterbebüchern von Auschwitz mehr Christen eingetragen sind als Juden (S. 83). Das Auschwitz-Museum gibt die in Tabelle 5 aufgeführten Zahlen an.[18]
Katholisch | 46,8% |
Evangelisch | 3,4% |
Griechisch-Katholisch | 1,6% |
Griechisch-Orthodox | 3,6% |
Christlich | 55.4% |
Jüdisch | 42,8% |
Z: Das kann aber täuschen. Immerhin haben die Nazis auch zum Christentum konvertierte Juden sowie oft auch Christen mit nur einem jüdischen Elternteil als Juden angesehen und eingesperrt.
R: Das ist wohl wahr. Mir ist auch nicht klar, wer bestimmt hat, welcher Religion ein Häftling angehörte. Wenn das auf Selbstangaben beruhte, so mag sogar der eine oder andere Juden versucht haben, sich bei Einweisung als Christ auszugeben, um dadurch Vorteile zu erlangen.
1.7. Holocaust-Überlebende
Z: Warum kommen also Ihrer Ansicht nach die von Yad Vashem gesammelten Namen nicht wenigstens der Gesamtopferzahl nahe?
R: Lassen Sie mich das von zweierlei Perspektiven aus beantworten: Aus einer mikroskopischen und aus einer makroskopischen.
Zuerst die mikroskopische Perspektive, nämlich die der Betroffenen. Stellen Sie sich vor, sie werden mit ihrer Familie deportiert. Bei Ankunft werden die arbeitsfähigen Männer von ihren Familien getrennt und zur Zwangsarbeit in andere Lager verschickt. Frauen mit Kindern werden in Sonderlager verbracht, alte Leute nach dem Geschlecht getrennt und ebenfalls getrennt untergebracht. Je nach Bedarf und Notwendigkeit werden nun diese Menschen wiederholt in andere Lager überstellt und bei Kriegsende auf die schrumpfende Zahl der noch nicht von den Alliierten befreiten Lager verteilt. Alle jene, die diese Behandlung überleben, enden schließlich in irgendwelchen Nachkriegslagern, von wo aus sie in alle Welt verstreut werden. Manche behalten ihren Nachnamen bei, die meisten sind es jedoch satt, sofort als Juden erkannt zu werden, und nehmen in ihrer neuen Heimat einen neuen Namen an: Einen spanischen in Südamerika, einen englischen in den USA, oft einen hebräischen in Israel.
Nun die Frage: wie finden die Angehörigen dieser Menschen unter solchen Umständen heraus, wo ihre Verwandten geblieben sind?
Z: Das ist fast ein Ding der Unmöglichkeit. Aber heute mit Hilfe des Internets sollte man da doch etwas machen können.
R: Es ist sicher leichter als während der ersten fünf Nachkriegsjahrzehnte, doch kommt nun die zusätzliche Schwierigkeit hinzu, dass die zweite Nachkriegsgeneration oft erst herausfinden muss, was für Vorfahren sie überhaupt hatte, nach denen sie suchen muss.
Doch lassen Sie mich hier auf einige sporadisch in örtlichen Zeitungen erscheinende Meldungen hinweisen, wo berichtet wird, wie eine vom Holocaust zerrissene Familie auf wunderbare Weise wieder zusammenfand: Verwandte, die voneinander glaubten, sie alle seien vernichtet worden, fanden sich entweder durch emsige Suchtätigkeit oder mit viel Glück wieder. Dazu ein Beispiel aus einer Tageszeitung in den USA:[19]
“Einst lebten die Steinbergs in einem kleinen jüdischen Dorf in Polen. Das war vor Hitlers Todeslagern. Nun hat sich eine mächtige Gruppe von über 200 Überlebenden und ihren Nachfahren hier gefunden, um gemeinsam an einer speziellen viertägigen Feier teilzunehmen, die passenderweise am Tag des Danks (‘Thanksgiving day’) begann. Verwandte kamen am Donnerstag aus Kanada, Frankreich, England, Argentinien, Kolumbien, Israel und aus wenigstens 13 Städten der USA. ‘Es ist phantastisch’, sagte Iris Krasnow aus Chicago. ‘Hier sind fünf Generationen vereint, vom drei Monate alten Kleinkind bis zum Fünfundachtzigjährigen. Die Leute weinen vor Glück und erleben einen wunderbaren Augenblick. Es ist fast wie eine Versammlung von Flüchtlingen aus dem Zweiten Weltkrieg.’”
R: Ein weiterer, recht ironischer Fall ereignete sich 1992 während einer Fernsehsendung in den USA, bei der der jüdische Revisionist David Cole im Brennpunkt stand. Während der Sendung wurde Cole mit dem Holocaust-Überlebenden Ernest Hollander konfrontiert. Durch diesen Auftritt erfuhr Ernests Bruder Zoltan, dass sein Bruder noch lebte, wie auch umgekehrt. Beide Brüder hatten 50 Jahre lang geglaubt, dass der jeweils andere ermordet worden war (Weber 1993).
Z: Aber das sind doch Einzelfälle!
R: Ja und nein. Zunächst zeigt dies nur, dass mein oben beschriebenes Szenarium tatsächlich vorkommt. Es stimmt, dass bisher nur wenige Einzelfälle bekannt geworden sind. Doch bedenken Sie dies: Berichte über wundersame Familienzusammenführungen erscheinen, wenn überhaupt, dann zumeist nur in lokalen Medien. Wer macht es sich zur Aufgabe, alle lokalen Medienarchive nach solchen Berichten zu durchsuchen? Was ich hier präsentiert habe, ist lediglich durch Zufall zu meiner Kenntnis gelangt. Eine systematische Untersuchung gibt es dazu nicht. Und weiter: Wie viele solcher tatsächlich stattfindenden wundersamen Familienzusammenführungen bzw. das Auffinden vermisst geglaubter Verwandter werden überhaupt den Weg in eine Pressemeldung finden? Zudem: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass es angesichts der oben dargelegten Schwierigkeiten tatsächlich zu so einer Auffindung Vermisster kommt? Oder anders ausgedrückt: Wie viele untereinander unbekannte Überlebende muss es geben, damit einige davon a) sich zufällig finden, b) über diese Familie ein Bericht in den Medien erscheint und c) wir von dem Bericht erfahren?
Z: Aber müssen wir nicht davon ausgehen, dass die Holocaust-Überlebenden nach dem Krieg alle Hebel in Bewegung setzten, um Informationen über das Schicksal ihrer Verwandten zu bekommen? Denn wenn Sie Recht haben, dann wäre doch weitaus öfter darüber berichtet worden, dass jüdische Überlebende ihre vermissten Verwandten wiederfanden.
R: Ich halte das für fraglich, und ich darf das mit der Aussage eines prominenten Augenzeugen untermauern, nämlich der von Arnold Friedman. Als er im Jahr 1985 bei einem Strafverfahren als Zeuge für die behaupteten Gräuel in Auschwitz auftrat, beantwortete er (A) die Fragen des Strafverteidigers (F) wie folgt (District Court… 1985, S. 355-450; hier S. 446f.):
“F: Haben Sie je vom internationalen Suchdienst in Arolsen, Westdeutschland, gehört, der, soweit ich weiß, dem Roten Kreuz untersteht? Haben Sie niemals davon gehört?
A: Nein.
F: Haben Sie nie den Versuch unternommen, sich bei Behörden zu erkundigen, um ihre Familie oder einzelne Angehörige nach dem Krieg wiederzufinden?
A: Nein. […]
F: Ich verstehe. Demnach wissen Sie persönlich nichts von dem, was mit Ihrer Familie geschehen ist? Sie wissen nicht, was wirklich aus ihr wurde?
A: Ich habe keine dokumentarischen Belege, nein. […]
F: Stimmen Sie mit mir überein, wenn ich sage: Weil nach dem Zweiten Weltkrieg viele Menschen über ganz Europa zerstreut wurden, einige in russischen, andere in amerikanischen oder britischen Besatzungszonen, nahmen viele an, diese Menschen seien tot?
A: Ja.
F: Und Sie kennen den internationalen Suchdienst in Arolsen nicht?
A: Nein.”
R: Friedman hat nach dem Krieg also noch nicht einmal versucht, etwas über seine Verwandtschaft herauszufinden.
Z: Aber dieses Einzelbeispiel darf man doch nicht verallgemeinern.
R: Richtig, aber die Möglichkeit besteht eben durchaus, dass viele Überlebende nach dem Krieg selbst dermaßen von der Holocaust-Propaganda überzeugt wurden, dass sie sich erst gar nicht die Mühe machten, Verwandte zu suchen.
Die Frage, wie viele jüdische Familien damals dauerhaft auseinandergerissen wurden und fälschlich voreinander glaubten, umgekommen zu sein, kann letztlich nur mit der makroskopischen Betrachtungsweise zumindest annähernd beantwortet werden, also einem weltweiten statistischen Überblick über die Holocaust-Überlebenden.
Informationen der in Israel ansässigen offiziellen Organisation Amcha zufolge, die sich der Fürsorge von Holocaust-Überlebenden widmet, gab es von diesen im Sommer 1997 weltweit noch zwischen 834.000 und 960.000. Amcha definiert einen Holocaust-Überlebenden wie folgt (Mishkoff 1997, Spanic 1997):
“Jeder Jude, der zu einer Zeit in einem Land lebte, als dieses: – unter Nazi-Herrschaft; – unter Nazi-Besatzung; – unter der Herrschaft von Nazi-Kollaborateuren stand, sowie jeder Jude, der aufgrund einer solchen Herrschaft oder Besetzung floh.”
Z: Das ist eine sehr großzügige Definition für einen Überlebenden. Demnach wären also auch all jene Juden, die zwischen 1933 und der Zeit der Masseninternierungen, also bis etwa 1941 aus Deutschland auswanderten, Überlebende, genauso wie auch alle Juden, die vor der deutschen Armee gen Osten flohen.
R: Richtig. Auf diese Weise maximiert man die Zahl der Betroffenen, was insbesondere dann lukrativ sein kann, wenn man für diese Überlebende Wiedergutmachung fordert.
Z: Heißt das, dass Sie die Zahlen für übertrieben halten?
R: Lassen Sie es mich so ausdrücken: Im Jahr 1998, also ein Jahr nach den Zahlenangaben von Amcha, verkündete Rolf Bloch, jüdischer Chef des Schweizer Holocaust-Fonds, dessen Aufgabe es war, Gelder für jüdische Holocaust-Überlebende von Schweizer Banken auszuhandeln, dass es noch mehr als 1.000.000 Holocaust-Überlebende gebe (Handelszeitung (Schweiz), 4.2. 1998); im Jahr 2000 berichtete das Büro des israelischen Ministerpräsidenten, es gebe noch fast eine Million Überlebende (Finkelstein 2000b); drei Jahre danach stieg diese Zahl sogar noch weiter an auf 1.092.000 – falls wir dem israelischen Professor Sergio DellaPergola Glauben schenken (DellaPergola 2003).
Z: Die Zahl könnte also politisch bzw. finanziell motiviert sein.
R: Die Zahl der Überlebenden ist nicht ohne psychologische Bedeutung für die deutsch-jüdischen Beziehungen.[20] Die interessante Frage ist nun die: Wenn es im Jahr 2000 etwa eine Million Holocaust-Überlebende gab, wie viele Überlebende gab es dann im Frühjahr 1945?
Z: Sehr viel mehr, nehme ich an, da ja die Mehrheit in der Zwischenzeit eines natürlichen Todes gestorben sein muss.
R: Man kann diese Zahl statistisch ziemlich genau berechnen, wenn man die Altersverteilung der im Jahr 2000 noch lebenden Überlebenden kennt. Lebensversicherungen haben für bestimmte Menschengruppen recht exakte Lebenserwartungsdaten, aus denen sich die Stärke einer Personengruppe zurückberechnen lässt. Leider fehlen uns genaue Angaben über die Altersverteilung der Holocaust-Überlebenden, wenngleich uns einige Eckdaten bekannt sind. In einer anderen Arbeit habe ich detaillierte Berechnungen dazu vorgenommen, und zwar jeweils von verschiedenen Altersverteilungen ausgehend. Das Ergebnis dieser Berechnungen lautet, dass es 1945 zwischen 3,5 Millionen und 5 Millionen Holocaust-Überlebende gab (Rudolf 1997a, 1998b, 2003a, S. 209ff.).
Z: Von insgesamt wie vielen Juden?
R: Wenn man alle Juden zählt, die je in Gegenden lebten, die später unter NS-Herrschaft gelangten, so wären das maximal etwa 8 Millionen Juden (Sanning 1983, S. 243).
Z: Demnach fehlen 3 bis 4,5 Millionen Juden.
R: Maximal.
Z: Immer noch eine erschreckende Zahl.
R: Wovon allerdings ein nicht unerheblicher Teil gar nicht auf das Konto des NS-Regimes geht, etwa diejenigen Juden, die in Stalins GULag verschwanden oder die als Soldaten oder Partisanen starben, usw. Aber ich möchte hier gar keine definitive Zahl der Überlebenden festlegen, zumal das statistische Ausgangsmaterial für die hier dargelegten Überlegungen zu unsicher und demzufolge die Streubreite unseres Ergebnisses zu groß ist, um darauf sichere Schlussfolgerungen aufzubauen.
Was ich hier aufzeigen wollte, ist, dass es nach dem Krieg potentiell viele Millionen Menschen gab, die in alle Welt zerstreut wurden und von denen die meisten annahmen, dass viele ihre Verwandten umgekommen seien, obgleich wir hier sehen, dass mindestens die Hälfte der Juden, die in Hitlers Herrschaftsbereich kamen, überlebten. Die oben zitierten Einzelfälle glücklicher Familienzusammenführungen beruhen also nicht auf einem Wunder, wie die jeweiligen Medienmeldungen glauben machen wollen, sondern auf einer statistisch gesehen recht hohen Überlebenswahrscheinlichkeit. Die von Yad Vashem gesammelten Namen aufgrund unüberprüfter Meldungen Vermisst-Geglaubter sind daher Makulatur.
Z: Wir wissen jetzt immer noch nicht, wie viele Juden im Holocaust umkamen.
R: Sie werden von mir dazu auch keine definitive Antwort bekommen, denn ich weiß es nicht. Wenn Sie es selbst herausfinden und sich selbst eine Meinung bilden wollen, so rate ich Ihnen, die hier zitierten Werke selbst zu studieren. Alles, was ich hier aufzeigen wollte, ist, dass niemand es so richtig weiß, dass die Behauptung von Sechs Millionen Opfern aber mehr als fragwürdig ist. Wenn man das erst einmal verstanden hat, so mag man einsehen, dass tiefer bohrende Fragen nach dem Ob und dem Wie durchaus angebracht sind.
Z: Wenn sie es schon nicht wissen, was glauben Sie denn?
R: “Glauben” ist hier ein unangebrachtes Wort. Sprechen wir lieber von “für wahrscheinlich halten.” Ich meine, dass eine Zahl um eine halbe Million am wahrscheinlichsten ist.
Z: Kann man nicht anhand der bei deutschen Behörden eingereichten Wiedergutmachungsanträge auf die Zahl der Überlebenden schließen?
R: Nur sehr bedingt. Bis Ende 2012 hat die deutsche Regierung insgesamt etwa 70 Milliarden Euros an Wiedergutmachung an jüdischen Personen und an den Staat Israel gezahlt.[21] Nach dem, was aus den veröffentlichten Daten hervorgeht, weiß man, dass über fünf Millionen Wiedergutmachungsanträge gestellt wurden; allerdings lässt sich aus den Anträgen nicht entnehmen, ob der Antragsteller Jude ist. Ferner können ganze Gruppen von Menschen (etwa Familien) Sammelanträge stellen, wie auch jeder einzelne mehrere Anträge stellen kann, je nach Art des behaupteten Schadens, wie etwa an Leib und Seele, an Hab und Gut, oder wegen zerstörter Karrierechancen usw. (vgl. Gauss 1994 S. 165f.). Falls die Bundesregierung wollte, so könnte sie womöglich mit etwas genaueren Zahlen aufwarten, aber selbst wenn es sie gibt, werden sie wegen der Gefahr des “Missbrauchs” wohl kaum veröffentlicht.
Z: Und wie sieht es mit den Daten in Enzyklopädien aus? Wenn man da die veröffentlichte Zahl der Juden vor dem Kriege und danach vergleicht…
R: Vor solchen Methoden kann ich nur warnen. Enzyklopädien und andere Nachschlagewerke sind im wissenschaftlichen Sinne nicht als zuverlässige Quelle zu betrachten. Wenn man so argumentierte, würde man von der offiziellen Geschichtsschreibung gleich mit einer Breitseite von Argumenten angegriffen und lächerlich gemacht werden. Das gleiche gilt auch für Meldungen in irgendwelchen Zeitungen oder Zeitschriften. Journalisten waren schließlich noch nie dafür berühmt, über das von ihnen jeweils behandelte Thema tiefschürfende Kenntnisse zu besitzen.
1.8. Keine endgültigen Wahrheiten
R: Eine Randbemerkung möchte ich hier anbringen: Den Begriff “offizielle Geschichtsschreibung”, den ich soeben benutzte, dürfte es eigentlich gar nicht geben, denn in einer Demokratie wird der Wissenschaft ja nicht vorgeschrieben, was als wahr gilt. Das wäre ein Kennzeichen totalitärer Staaten. Leider befinden wir uns in vielen Staaten Europas, darunter allen drei deutschsprachigen Ländern, aber in der Lage, dass bei dem hier behandelten Thema ein bestimmtes Geschichtsbild eben doch per Strafgesetz vorgeschrieben ist. In Deutschland verbietet es der Paragraph 130 des Strafgesetzbuches, Völkermordhandlungen des NS-Regimes zu bestreiten. In Österreich untersagt dies der Paragraph 3h des Verbotsgesetzes, und in der Schweiz ist es der Paragraph 261bis des dortigen Strafgesetzbuches. Einige angelsächsische Länder, darunter Kanada und Australien, setzen sogenannte “Menschenrechtskommissionen” ein, um die Redefreiheit unter anderem zu diesem Thema zu beschneiden.
Z: Und das ist auch gut und richtig so!
R: Warum sind Sie dieser Ansicht?
Z: Nach den entsetzlichen Verbrechen, die vom Nationalsozialismus begangen wurden, hat man wahrlich die Pflicht, mit allen Mitteln dafür zu sorgen, dass dergleichen nicht mehr passiert! Wir müssen daher gegen jeden vorgehen, der die Leute auf diese Weise verhetzt oder solche Dinge gutheißt.
R: Aber wir reden hier von rationalen, sachlichen Diskussionen geschichtlicher Fakten oder Behauptungen. Dies hat nichts mit Verhetzung zu tun oder mit dem Gutheißen eines Verbrechens.
Z: Egal welcher Sprachstil verwendet wird, der Revisionismus hat in jedem Fall die Auswirkung, den Nationalsozialismus hoffähig zu machen. Das ist der erste Schritt zu seiner Wiederbelebung. Um das zu verhindern, müssen wir alles in unserer Macht stehende tun, um zu verhindern, dass die Nazis moralisch entlastet werden.
R: Entschuldigen Sie, aber das ist Unsinn. Selbst wenn die Revisionisten Recht hätten mit ihren Aussagen zum Holocaust, so blieben dadurch viele, wenn nicht gar die meisten der anderen Aspekte von Verfolgung und Tyrannei des Nationalsozialismus unberührt. Was Sie hier vertreten ist eine diktatorische, totalitäre Gedankenkontrolle, mit der Sie allen das aufnötigen wollen, was Sie und die Mehrheit für wahr halten. Die Ironie dabei ist Ihre Aussage, sie würden dies tun, um die Wiederbelebung von Totalitarismus zu verhindern. Merken Sie nicht, dass Sie Ihre eigene Art von Totalitarismus vorbereiten? Der Philosoph Karl R. Popper hat diese Einstellung treffend zusammengefasst (Popper 2005a, Bd. 2, S. 226):
“Der Pseudorationalismus ist der unbescheidene Glaube an die Überlegenheit der eigenen intellektuellen Gaben. Er erhebt den Anspruch, eingeweiht zu sein und mit Sicherheit und mit Autorität zu wissen. […] Dieser autoritäre Intellektualismus […] tritt oft unter dem Namen ‘Rationalismus’ auf; er ist aber das diametrale Gegenteil von dem, was wir so nennen.”
R: Verschwenden Sie also bitte nicht unsere Zeit mit Ihrem angeblich überlegenem Wissen oder mit dem von jemand anderem.
Z: Aber der Revisionismus kann nicht erwarten, ernst genommen zu werden, da er nur eine Ansammlung abgedroschener pseudowissenschaftlicher Ansichten ist.
R: Pseudowissenschaft ist fingierte Wissenschaft oder gar betrügerische Wissenschaft. In gewisser Weise ist sie das Gegenteil von Wissenschaft. Was die Frage aufwirft: was ist Wissenschaft? Da Sie behaupten, Pseudowissenschaft als solche zu erkennen, können Sie uns sicher eine prägnante Definition für Wissenschaft geben, oder?
Z: Wie wäre es hiermit: Wissenschaft besteht darin, Wissen systematisch zu erfassen, dieses Wissen in verifizierbare und prüfbare Theorien niederzulegen, und dann, diese Theorien der Prüfung auszusetzen.
R: Sehr gut. Und wie finden wir heraus, ob Revisionisten dies tun? Ich würde meinen, indem wir uns deren Arbeiten anschauen, richtig? Das ist genau das, was wir hier machen werden. Danach können wir dann urteilen, ob wir es hier mit richtiger oder fingierter Wissenschaft zu tun haben. Lassen Sie uns diese Frage daher vorerst zurückstellen.
Z: Aber wie kann etwas, das von verwerflichen politischen Motiven getrieben wird, wissenschaftlich sein?
R: Und wer entscheidet, welche Motive akzeptable sind und welche nicht? Und wie wollen Sie überhaupt jemandes Motive herausfinden? Durch Gedankenlesen? Sind wir wieder bei totalitärer Gedankenkontrolle angekommen?
Meine Frage an Sie ist folgende: Was sind Ihre Motive der Bekämpfung des Revisionismus?
Z: Nun, der Kampf gegen Nazis, freilich.
R: Gut. Sind Sie sich bewusst, dass dies ein rein politisches Motiv ist?
Z: Aber meine politischen Motive sind nobel; deren Motive sind es nicht!
R: Und Sie sind derjenige, dies zu entscheiden?
Tatsache ist, dass Wissenschaft Forschungsergebnisse nur dann verwerfen kann, wenn es dafür wissenschaftliche Gründe gibt. Außerwissenschaftliche Motive sind unannehmbar. Dies ist eine weitere Eigenschaft wissenschaftlicher Arbeiten, an die Sie sich anscheinend nicht halten wollen. Ein Wissenschaftler darf in seinen Forschungen nicht beeinflusst werden von den Auswirkungen, die seine Ergebnisse auf die moralische Beurteilung einer Person oder eines politischen Systems haben mag. Ein Ergebnis muss genau, in sich schlüssig, von Beweisen gestützt und frei von Widersprüchen sein. Politische Erwägungen sind in diesem Zusammenhang völlig irrelevant.
Ich möchte nun noch die Frage aufwerfen, ob der Holocaust-Revisionismus eine Gefahr für Demokratie und Menschenrechte darstellt, wie das hier von einem Zuhörer formuliert wurde.
Z: Sofern der Revisionismus Ideologien fördert, die die Menschenrechte nicht anerkennen…
R: Einen Augenblick! Halten Sie es für möglich, dass die Behauptungen über deutsche Gräuel Stalin hilfreich waren bei seiner Bekämpfung des nationalsozialistischen Deutschland?
Z: Na, die Entdeckung faschistischer Gräuel hat den antifaschistischen Kampf freilich moralisch gestärkt.
R: Hat es Stalin geholfen?
Z: Im weitesten Sinne sicher.
R: Demnach fördert bzw. förderte die These, es habe im Nationalsozialismus eine systematisch-industrielle Menschenvernichtung gegeben, also ein Regime und eine Ideologie, die ohne Zweifel eine Gefahr für Demokratie und Menschenrechte darstellen.
Z: Aber…
R: Oder bezweifeln Sie, dass Stalin und der totalitäre Kommunismus sowjetischer Prägung solche Gefahren darstellen?
Z: Nein…
R: Hier haben wir also ein totalitäres Regime in Russland, das bis zum Jahr 1920, als die NSDAP in Deutschland gegründet wurde, bereits Hunderttausende ermordet hatte. Als Hitler an die Macht gelangte, hatte es bereits Millionen ermordet. Dieses gleiche Regime hatte bereits einige zig Millionen ermordet, als im September 1939 der Krieg zwischen Deutschland und der UdSSR einerseits und Polen andererseits ausbrach. Polen war übrigens damals ein Land, das in der Zwischenkriegszeit seine deutsche, jüdische, ukrainische und russische Minderheit gnadenlos verfolgt und ethnisch gesäubert hatte (Blake 1993). Und weiter: während Hitler nach dem Krieg gegen Polen zunächst nichts weiter tat, griff Stalin Finnland an und raubte dessen östlichen Gebiete. Als Deutschland und Frankreich im Frühjahr 1940 die heiße Phase des Krieges in Westeuropa eröffneten, marschierte Stalin ohne jede Provokation in Estland, Lettland und Litauen ein und annektierte Bessarabien von Rumänien mit brutaler Gewalt. Anstatt jedoch Stalin als die größere Bedrohung für den Weltfrieden und für die gesamte Menschheit anzusehen, was er letztlich war, erklärte die ganze Welt Deutschland den Krieg und unterstütze am Ende Stalin bedingungslos. Zu jener Zeit, und sogar noch im Sommer 1941, war Hitlers Opferzahl nur ein winziger Bruchteil von Stalins Opferzahl. Und heute beträgt die Summe aller Opfer des Kommunismus viele zig Millionen, einschließlich jener in China und auf den Killing Fields von Kambodscha.
Wie kann es da sein, dass der Kommunismus allgemein und Stalin im Besonderen niemals als das absolut Böse dargestellt werden? Und warum werden Kommunisten und andere Linksradikale, die in der orthodoxen Holocaustforschung dominieren, heutzutage überall auf der Welt toleriert, wohingegen Nationalsozialisten mit dem Teufel gleichgesetzt werden? Welche Art von Logik verbirgt sich dahinter? Ich kann Ihnen sagen, welche Logik das ist: überhaupt keine. All dies ist lediglich von irrationalen Gefühlen beherrscht, induziert durch einseitige, verzerrte und falsche geschichtliche Informationen, denn objektiv betrachtet gibt es keine gerechtfertigten rationalen Argumente dafür, den Nationalsozialismus als bösartiger zu bezeichnen als den Kommunismus. Das Gegenteil ist wahr.
Und das ist letztlich des Pudels Kern: Ihre Motive basieren nicht auf einer rationalen Analyse der Tatsachen, sondern auf Vorurteilen und Emotionen. Diese sind dermaßen stark, dass Sie dadurch daran gehindert werden, die Fakten objektiv zu betrachten; ja Sie werden sogar dazu getrieben, anderen zu verwehren, sich die Fakten rational anzuschauen und ihre eigenen Schlussfolgerungen zu ziehen. Denn das ist es, was Sie befürchten: dass die Leute zu ihren eigenen Schlussfolgerungen kommen, die sich von den Ihren unterscheiden.
Z: Ich verteidige kein totalitäres Regime, weder Nazi noch Kommunisten. Letztlich stellen die Nazi-Gräuel doch keine Rechtfertigung des Kommunismus dar, sondern nur der Demokratien westlicher Prägung.
R: Gegenüber der offiziellen Holocaust-Geschichte kann sich jeder als moralisch überlegen sehen, sei es Stalin oder seien es jene angeblichen Demokraten, die Osteuropa an Stalins vergewaltigende und mordende Soldateska auslieferten und die die Menschen in Hamburg, Dresden, Hiroshima und Nagasaki mit ihren Bomben ausgelöscht haben. Der Holocaust ist daher ein willkommenes Schutzschild, hinter dem sich andere Massenmörder gemütlich verbergen können, heutzutage insbesondere jene in Palästina.
Wenn der Revisionismus verwerflich ist, weil er von rechten totalitären Ideologien willkommen geheißen wird, warum ist dann der “Holocaustismus” – um einen Begriff für die orthodoxe These vom Holocaust zu kreieren – nicht genauso verwerflich, weil er einer noch weitaus gefährlicheren linken totalitären Ideologie in analoger Weise dient?
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Es geht mir hier nicht um die Ermittlung einer moralischen Rangfolge der Massenmörder des Zweiten Weltkriegs, der ja selbst der größte Massenmord der Weltgeschichte war. Mir geht es um das Folgende: Wenn historische oder auch andere wissenschaftliche Thesen als verwerflich oder gar als illegal angesehen werden, nur weil sie von irgendeinem moralisch oder politisch verwerflichen System ausgenutzt bzw. missbraucht werden könnten, um die eigene Anliegen voranzutreiben, wie viele Thesen blieben dann wohl übrig, die als unverfänglich, als unmissbrauchbar angesehen werden können?
Ist Otto Hahn, der Entdecker der Kernspaltung, Schuld an den Opfern von Hiroshima? Ist Gutenberg mitschuldig an volksverhetzenden Schriften? Natürlich nicht.
Und da Sie behaupten, die Revisionisten hätten verwerfliche politische Motive, lassen Sie mich den Spieß umdrehen: Hermann Langbein, über Jahrzehnte einer der bedeutendsten Autoren und Aktivisten im deutschen Sprachraum für den Holocaustismus, war Kommunist.
Z: Und wenn schon, was beweist das?
R: Dass die politischen Extreme auf beiden Seiten zu finden sind. Dementsprechend sollte man beiden Seiten gegenüber wachsam sein. Oder bedenken Sie die ethnische Zusammensetzung der Revisionisten. Man würde erwarten, dass Deutsche unter ihnen dominieren, aber dem ist nicht so. Tatsächlich dominieren die Franzosen rein mengenmäßig, und die Italiener bezüglich der Menge und Güte der erstellten Arbeiten. Der Autor dieser Zeilen, ein Deutscher, ist eher eine Ausnahme von dieser Regel. Im Gegensatz dazu sehe man sich die folgende lange, aber immer noch unvollständige Liste wohlbekannter Holocaust-Forscher und -Förderer an, die alle Juden sind bzw. waren:
- Yitzak Arad
- Hannah Arendt
- Yehuda Bauer
- Michael Berenbaum
- Richard Breitman
- Lucy Dawidowicz
- Alexander Donat
- Gerald Fleming
- Martin Gilbert
- Daniel J. Goldhagen
- Richard G. Green
- Alex Grobman
- Israel Gutman
- Raul Hilberg
- Serge Klarsfeld
- Shmuel Krakowski
- Claude Lanzmann
- Walter Laqueur
- Deborah Lipstadt
- Arno J. Mayer
- Fritjof Meyer
- Peter Novick
- Robert van Pelt
- Léon Poliakov
- Gerald Reitlinger
- Julius H. Schoeps
- Pierre Vidal-Naquet
- Georges Wellers
- Simon Wiesenthal
- Efraim Zuroff
Selbstverständlich sind diese Personen dem Dritten Reich gegenüber sehr feindlich eingestellt, und sie haben ein Interesse daran, die Leiden ihrer jüdischen Gesinnungsgenossen hervorzuheben. Ihre schriftstellerischen Aktivitäten bezüglich des Holocaust sind daher von einem klaren Anliegen motiviert. Heißt dies, dass deren Werke von Anfang an falsch sind?
Z: Natürlich nicht.
R: Warum aber soll es sich dann mit den Revisionisten anders verhalten? Zudem werden Sie keinen Revisionisten finden, der die These eines jüdischen Forschers nur wegen seiner Abstammung oder Ansichten, also wegen einer möglichen Befangenheit verwirft.
Aber lassen Sie mich jetzt von der Politik wegkommen und zurückkehren zu den Menschenrechten.
Z: Also ich bin der Ansicht, dass man nach alledem, was unter den Nazis geschah, dafür sorgen muss, dass es nicht wieder geschieht. Und wenn es dazu notwendig ist, dass man bestimmte Dinge verbietet, so sollte man das tun.
R: Haben Sie bemerkt, was sie gerade gesagt haben? Um zu verhindern, dass Bücher verbrannt und Minderheiten verfolgt werden, müssen wir Bücher verbrennen und Minderheiten verfolgen.
Z: Unterstellen Sie damit, dass in westlichen Ländern Bücher verbrannt und Dissidenten eingesperrt werden!
R: Genau das, werter Herr! Bücher politischer und historischer Dissidenten werden heute zum Beispiel in Deutschland als Tatwaffen vernichtet, und das heißt in der Regel eben: sie werden verbrannt![22] Andere europäische Länder gehen ähnlich vor. Was macht es schon für einen Unterschied, ob ein politischer oder geschichtlicher Dissident als Kommunist, Zeuge Jehovas oder Sozialist in ein KL kommt oder als Nationalsozialist, Rechtsextremist oder Revisionist in ein Gefängnis?
Z: Das ist ja absurd. Man kann doch Nazi-Deutschland nicht mit dem heutigen Deutschland auf eine Stufe stellen!
R: Ich habe sie nicht gleichgesetzt sondern nur Parallelen gezogen, auf die ich in der letzten Vorlesung näher eingehen werde.
Ich darf zusammenfassend feststellen, dass man uns bezüglich des Zweiten Weltkriegs und des nationalsozialistischen Deutschland eine völlig falsche Lektion lehrt. Das einzig richtige Verhalten Deutschlands angesichts seiner Vergangenheit wäre ohne Zweifel nur die strikte und unparteiische Gewährung der Menschenrechte für alle, und nicht, dass man sie diesmal zur Abwechslung der “anderen Seite” verweigert, denn genau das ist es, was sich zurzeit in vielen westlichen Gesellschaften abspielt.
Zu guter Letzt darf ich zudem auf folgende triviale Tatsache hinweisen: Man wird nicht als Revisionist geboren oder großgezogen, sondern man wird durch bestimmte Ereignisse zum Revisionisten. Mit anderen Worten: fast alle Revisionisten haben einst fest an den Holocaust geglaubt, doch eine Reihe von Gründen hat dazu geführt, dass sie an ihrem althergebrachten Glauben zu zweifeln begannen. Die Gründe das Zweifels sind wahrscheinlich für jeden verschieden, aber eines ist allen gemeinsam: Als Menschen ist es ihnen unmöglich, Zweifel einfach zu vergessen und zu verdrängen. Die Fähigkeit zu zweifeln ist eine zutiefst menschliche Regung, genauso wie das neugierige Suchen nach Antworten, mit der man versucht, diese zweifelnden, bohrenden, oft schmerzenden Fragen zu beantworten. Zweifel ist der Ausgangspunkt für die Suche nach der Wahrheit, die sich hinter der Fassade verbirgt. Diese unsere menschliche Fähigkeit, unseren Sinnen zu misstrauen und systematisch nach der Wahrheit zu suchen, ist es, was uns Menschen von der Tierwelt grundlegend unterscheidet.
Und nun frage ich Sie: Welches Menschenbild muss eine Gesellschaft haben, die Zweifel als verwerflich betrachtet und das Suchen nach Antworten per Strafgesetz zu reglementieren trachtet?
Z: Anscheinend eine Gesellschaft, die unterwürfige Untertanen bevorzugt.
R: Richtig. Eigentlich sollte uns der Nationalsozialismus doch gelehrt haben, dass Kadavergehorsam etwas sehr Fatales ist.
Z: Sie bauen hier ein gefährliches Gebäude des Zweifels auf!
R: Zweifeln ist Menschsein, und Menschsein ist gefährlich. Die einzige Alternative wäre, dass wir uns zurück in die Höhlen oder auf die Bäume begeben.
Darum darf ich hier am Ende dieser Vorlesung feststellen: Keine Wahrheit ist endgültig! Und wer uns vorzuschreiben versucht, wo wir die Wahrheit zu suchen haben, der verwehrt uns das Menschliche in unserem Wesen, der verweigert uns die Würde als Menschen. Die Unterdrückung der Holocaust-Revisionisten ist daher wie jede Unterdrückung von Wahrheitssuchenden ein Schulbeispiel offenkundiger Unterdrückung des Menschlichen, von krasser Verletzung des Rechts auf Menschsein sowie eine eindeutige Verletzung der Menschenrechte.
Z: Das hört sich ja alles ganz nett an, aber Tatsache bleibt, dass das Anzweifeln, Widerlegen, Bestreiten, Leugnen des Holocaust in vielen westlichen Ländern verboten ist.
R: Nun, diesen Umstand kann ich auch nicht ändern. Ich darf aber zumindest ein Trostpflaster anbieten, nämlich die Ansicht eines Experten. Zur Frage der Strafbarkeit der sogenannten “Auschwitz-Lüge” wurde nämlich im Jahr 2000 eine Doktorarbeit veröffentlicht, verfasst von einem Juristen, dessen akademisches Umfeld und Wortwahl klarstellen, dass er ein entschiedener Gegner des Revisionismus ist. Er kommt aber dennoch zu der Schlussfolgerung, dass es gegen die Menschenrechte verstößt, den wissenschaftlich auftretenden Revisionismus, so wie er hier behandelt wird, unter Strafe zu stellen (Wandres 2000). Kritik an der strafrechtlichen Festlegung dieses Kapitels der deutschen Zeitgeschichte hat es von juristischen Fachleuten ja in vielfacher Weise gegeben (Dreher/Tröndle 1995, Huster 1995, Beisel 1995, Stöcker 1995, Leckner 1997).
Z: Und was hilft uns das? In der ganzen westlichen Welt werden Geschichtsdissidenten weiterhin in Gefängnisse gesperrt, egal was die “Fachleute” sagen.
R: Aber immerhin als Märtyrer, als politische Gefangene, nicht als Verbrecher. Und das wird über kurz oder lang für die Verfolgerstaaten nach hinten losgehen.
In der nächsten Vorlesung möchte ich mit einigen Mythen über den Revisionismus aufräumen, etwa, dass es sich dabei um eine Nazi-Bewegung handelt oder um eine Bewegung geistig minderbemittelter Randexistenzen.
Anmerkungen
[4] | IMT, Bd. XII, S. 377, Bd. XIII, S. 393, Bd. XIX, S. 405, 418, 434, 467, 611, Bd. XXI, S. 530, Bd. XXII, S. 254, 538. |
[5] | IMT, Bd. III, S. 569, Bd. XI, S. 228-230, 255-260, 611, Bd. XXII, S. 346, Bd. XXXI, S. 85f. |
[6] | IMT, Bd. IV, S. 371. |
[7] | Aschenauer 1980, S. 460f., 473ff., 494; über den historischen Quellenwert dieser Eichmann-Biographie vgl. Kluge 1981, S. 31-36; Rassinier 1982, S. 90, 134; Servatius 1961, S. 62ff.; Walendy 1983; Arendt 1990, S. 331ff. |
[8] | Hecht 1943, S. 108; über Hecht vgl. den Dokumentarfilm “One Third of The Holocaust,” Episode 9: “Reader’s Digest”; www.holocaustdenialvideos.com/one_third_of_the_holocaust.html. |
[9] | http://books.google.com/ngrams/graph?content=6+Millionen+Juden&year_start=1900&year_end= 2008 &corpus=20&smoothing=3 |
[10] | Aussage von M. Broszat, Gutachter vor dem Schöffengericht Frankfurt am 3.5.1979, Az. Js 12 828/78 919 Ls. |
[11] | Dawidowicz 1975, S. 149, für die einzelnen Lager, Nichtjuden inbegriffen. Die “Holocaust-Summe” (S. 403) umfasst nur Juden, weshalb der berechnete Betrag unter “Andernorts” eigentlich höher sein müsste. |
[12] | Ebenda, S. 558, FN 396: “Der Verf. [Sanning] glänzt durch methodisch unzulässigen Umgang mit dem statistischen Material und ebenso kühne wie nachweislich irrige Kombinationen und Schlüsse.” Bewiesen werden diese Vorwürfe aber nicht. |
[13] | Vgl. dazu vor allem die jüdische Autorin Sonja Margolina 1992; weitaus wissenschaftlicher: Weber 1994a; Strauss 2004; Bieberstein 2002; Solschenizyn 2003; historisch: Kommos 1938; und schließlich Wilton 1920, der während der sowjetischen Revolution Korrespondenten für die Londoner Times in St. Petersburg war. |
[14] | Benz (1991, S. 127) bezieht sich auf Klarsfeld 1978a, wenngleich seine Opferzahl etwas höher ist. |
[15] | www.yadvashem.org/wps/portal/IY_HON_Welcome |
[16] | www1.yadvashem.org/remembrance/names/site/brochure.pdf |
[17] | www.yadvashem.org/about_yad/magazine/data3/whats_in_a_name.html (Frühling 2005, jetzt entfernt) |
[18] | www.auschwitz.org/en/museum/about-the-available-data/death-records/sterbebucher/ |
[19] | “Miracle meeting as ‘dead’ sister is discovered”, State-Times (Baton Rouge), 24.11.1978, S. 8; siehe auch Jewish Chronicle, 6.5.1994; “Miracles still coming out of Holocaust”, St. Petersburg Times, 30.10.1992; “Piecing a family back together”, Chicago Tribune, 29.6.1987; San Francisco Chronicle, 25.11.1978, S. 6; Northern California Jewish Bulletin, 16.10.1992; vgl. M. Weber 1993a. |
[20] | Beispielsweise: American Jewish Committee 1997; Kirschbaum 1997; Jewish group… 1997a & b. |
[21] | http://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Wiedergutmachungspolitik#Summe; so groß diese Summe auch erscheinen mag, so sollte man bedenken, dass die Deutschen jedes Jahr zusammen etwa 70 Milliarden Euros für ihren Urlaub ausgeben! Man google nur “Urlaubsausgaben Deutsche”. |
[22] | Grasberger 1998: “Die Restexemplare werden gegebenenfalls in einer Müllverbrennungsanlage vernichtet.” (bezügl. Eibicht, 1994); H. Müller 1998: “Vor 65 Jahren geschah solches noch öffentlich, heute wird dies klammheimlich in einer Müllverbrennungsanlage erledigt.” Zu Zensur in Deutschland vgl. Rudolf 2005a, Nordbruch 1998, Schwab 1997. |